Ältere Beschäftigte binden und motivieren
Mehr Arbeitnehmer:innen gehen in Rente als auf dem Arbeitsmarkt nachkommen. Dazu kommt ein erhöhter Wechselwille unter den Beschäftigten, was die Fluktuation erhöht. Ein Lösungsansatz: Ältere Beschäftigte binden und halten – auch über das Rentenalter hinaus.
Lesen Sie in diesem Artikel
- Länger arbeiten ist im Trend
- Welche Vorteile haben ältere Beschäftigte?
- Hilfreich: eine „Willkommenskultur“ für Ältere
- Was hält und motiviert ältere Beschäftigte?
- Wissens- und Generationenmanagement
- Informationen zu Rente und Verdienstmöglichkeiten
- Ältere Beschäftigte als Zielgruppe für Neueinstellungen
Länger arbeiten ist im Trend
Laut Zahlen des IW Köln bleiben Beschäftigte heute deutlich länger am Arbeitsmarkt aktiv als noch vor zehn Jahren. Während 2013 nur etwa vier von zehn Menschen im Alter zwischen 55 und 64 Jahren (43,3 Prozent) sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren, waren es im Jahr 2023 bereits 57,1 Prozent.
Der IAB-Kurzbericht 8/22 befasste sich unter anderem mit den Motiven für Erwerbsarbeit im Ruhestand. Für die meisten Befragten zwischen 65 und 74 Jahren standen der Spaß an der Arbeit (97 %), das Bedürfnis nach einer sinnvollen Aufgabe (92 %) und soziale Kontakte (91 %) im Vordergrund. Finanzielle Motive spielen bei 43 Prozent eine Rolle.
Trotz dieses Trends klafft eine Lücke auf dem Arbeitsmarkt. Es gehen mehr Menschen in Rente, als neue Arbeitskräfte nachkommen – Tendenz steigend. Ein Hebel, um diese Lücke im eigenen Unternehmen zu verringern, sind Bemühungen, die Beschäftigte weiter zu halten und ältere Beschäftigte zu rekrutieren.
Welche Vorteile haben ältere Beschäftigte?
Nils Hofert, Personalleitung, und Meike Bukowski, Leitung Personalentwicklung beim pme Familienservice, sehen in der Beschäftigung und im Halten älterer Teammitglieder viele Vorteile: „Ältere Teammitglieder verfügen über eine Fülle von Erfahrungen und Fachkenntnissen, die sie über viele Jahre hinweg aufgebaut haben. Dieses Know-how ist von unschätzbarem Wert. Mit ihrem informellen Wissen unterstützen sie die jüngeren Kolleg:innen, Abläufe, Prozesse und informelle Regeln zu verstehen und sich zurechtzufinden. Zudem erleben wir oft, dass sie in den Teams für viel Kontinuität und Stabilität sorgen, was in herausfordernden Zeiten sehr hilfreich ist“.
Hilfreich: eine „Willkommenskultur“ für Ältere
Beschäftigte brauchen das Gefühl, dass ihr Wissen und ihre Fähigkeiten gefragt sind und sie gebraucht werden. Deshalb gilt es, auf die Menschen zuzugehen. „Wir bei pme signalisieren allen Teammitgliedern, dass es mit dem Rentenalter nicht vorbei sein muss. Wir fragen proaktiv, ob sie sich vorstellen können, länger zu bleiben und unter welchen Bedingungen“, sagt Meike Bukowski.
Wie aber lässt sich ermitteln, welche Beschäftigten für einen längeren Verbleib offen sind und unter welchen Bedingungen?
Empfehlenswert ist, das Thema persönlich anzusprechen, etwa in den Mitarbeitendengesprächen. Auch eine Umfrage unter den Beschäftigten kann wertvolle Hinweise liefern. Grundsätzlich hilfreich ist eine positive Haltung, die den Beschäftigten signalisiert: „Wir freuen uns, wenn du länger bleibst!“.
“Wir signalisieren allen Teammitgliedern, dass es mit dem Rentenalter nicht vorbei sein muss”
Was hält und motiviert ältere Beschäftigte?
Was hält ältere Beschäftigte im Job, womöglich über das Rentenalter hinaus? Mit dieser Frage beschäftigte sich der TK-Gesundheitsreport 2024. Die Ergebnisse decken sich mit einer Befragung, die der pme Familienservice im Sommer 2024 unter seinen Teammitgliedern durchführte.
Mehr Flexibilität
Im TK-Gesundheitsreport 2024 ist flexiblere Arbeitsgestaltung der Wunsch Nummer 1.
Ein Trend, den Meike Bukowski und Nils Hofert bestätigen können: „Bei der Befragung unter unseren Teammitgliedern 50 plus wurde besonders oft der Wunsch nach flexibleren Arbeitsmodellen genannt“. Dazu gehört auf der einen Seite Flexibilität bei der Arbeitszeit, etwa blockweise arbeiten mit längeren freien Phasen, flexible Stundenmodelle oder das Angebot von Sabbaticals.
Flexibilität beim Arbeitsort ist ebenfalls für viele ältere Beschäftigte ein attraktives Kriterium: Neben Home- oder Mobile Office ist Workation sehr beliebt. „Workation ist nicht nur interessant, um im Ausland zu arbeiten. Vielen Teammitgliedern hilft es auch, den Beruf mit der Pflege eines Angehörigen an einem anderen Ort zu vereinbaren“, so Meike Bukowski.
Gesundheitsangebote/Work-Life-Balance
Gesundheit und Employability zu erhalten oder gar zu verbessern ist ein wichtiger Faktor, wenn es darum geht, ältere Beschäftigte erfolgreich zu halten und einzubinden. Im Sinne einer lebensphasenorientierten Personalpolitik gilt es, zu prüfen, welche „Altersbenefits“ sinnvoll sind – etwa Erholungs- oder Wellnessprogramme, Zuschüsse für altersspezifische Hilfsmittel oder mehr Urlaubstage für Beschäftigte ab einem bestimmten Alter. „Unsere interne Befragung ergab, dass sich ältere Beschäftigte außerdem Rücksichtnahme wünschen, etwa auf einen langsameren Arbeitsrhythmus oder auf körperliche Veränderungen durch das Alter“, sagen Meike Bukowski und Nils Hofert. Ebenfalls oft gewünscht wurden klarer abgegrenzte Aufgaben und weniger Meetings.
Sinnstiftende Aufgaben und Wertschätzung
Laut TK-Gesundheitsreport ist die Sinnhaftigkeit der Arbeit ein bedeutender Faktor. Je sinnstiftender Personen ab 50 ihre Arbeit empfinden, desto später planen sie, in den Ruhestand zu gehen. Gleiches gilt für die Fehler- und Lernkultur.
Ebenfalls wichtig ist die Wertschätzung: Alle Beschäftigten brauchen das Gefühl, dass ihr Wissen und ihre Fähigkeiten gefragt sind, dass sie gebraucht werden. Das gilt besonders für Beschäftigte im höheren Alter. Dabei muss Berufstätigkeit im Rentenalter keine Sackgasse sein. Viele ältere Beschäftigte wollen sich weiterentwickeln und haben Lust auf neue Herausforderungen.
Wissens- und Generationenmanagement
Zunehmend in den Blick gerät die Zusammenarbeit der Generationen. Gute Zusammenarbeit ist keine Selbstläufer. Ein Beispiel sind die unterschiedlichen Kommunikationsstile: Während die Gen Z mit Social Media groß geworden ist und selbstverständlich und sicher über digitale Nachrichten kommuniziert, sind Angehörige der Baby Boomer-Generation eher gewandt in der persönlichen Kommunikation. Im Sinne eines Reverse-Mentoring lassen sich die jeweiligen Stärken gewinnbringend einsetzen.
Um die Zusammenarbeit der Generationen zu fördern, sind Austauschmöglichkeiten, Mentorenprogramme (Reverse Mentoring) oder Tandems hilfreich. „Beim pme Familienservice setzen wir auf eine bunte Palette von Maßnahmen. Dazu gehören Austauschformate wie der regelmäßige Generationentalk, Mentorenprogramme und die Ausbildung zum Generationenmanager“, sagt Meike Bukowski.
Das IW Köln empfiehlt, für ältere Beschäftigte Anreize zu schaffen, um ihr Erfahrungswissen länger einzubringen, z. B. durch Weiterbildungsangebote und Wissensmanagementprogramme. Damit können Beschäftigte ihr Fachwissen sowie ihre Erfahrungen und Netzwerke weiter zur Verfügung stellen.
„Wir setzen auf eine bunte Palette an Maßnahmen, um die Zusammenarbeit der Generationen zu fördern“
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Informationsangebote zu Rente und Verdienstmöglichkeiten
Der Wegfall der Hinzuverdienstgrenze macht es attraktiver, im Rentenalter weiterzuarbeiten. Aber die Regelungen zur Rente sind für viele Beschäftigte ein Buch mit sieben Siegeln. Ein guter Service ist es daher, ihnen Informationen zu Rente und Verdienstmöglichkeiten im Alter bereitzustellen.
Ältere Beschäftigte als Zielgruppe für Neueinstellungen
Ältere Beschäftigte zu binden wird in vielen Unternehmen nicht reichen, um den Bedarf an Fachkräften zu decken. Doch noch immer denken beim externen Recruiting viele Arbeitgeber in erster Linie daran, junge Talente zu gewinnen. Dabei gibt es viele gut ausgebildete und vielseitig erfahrene Menschen, die nach langen Jahren im Beruf Lust auf eine neue Aufgabe in einem anderen Unternehmen haben.
Quellen:
TK Gesundheitsreport 2024