Beauty-Influencerin lächelt in Kamera
Body & Soul

Cortisol Detox: Gefährlicher Social Media-Trend?

Bauchfett, müde Haut, Haarausfall? Die Ursache soll ein einziges Hormon sein: Cortisol. Auf TikTok propagieren Influencer eine sogenannte „Cortisol-Detox“-Kur, die das Stresshormon senken und über Nacht für mehr Schönheit und Wohlbefinden sorgen soll. Klingt verlockend. Doch was steckt wirklich dahinter? Ist „Cortisol-Detox“ der Schlüssel zu einem gesünderen, stressfreieren Leben oder nur ein weiterer fragwürdiger Internet-Hype? (Text: Michèle Penz/Felix Aguntius, Redaktion: Christin Müller)

Ein Social Media Trend mit Fragezeichen

Die Idee hinter dem viralen TikTok-Trend: Ein zu hoher Cortisolspiegel soll körperliche Beschwerden wie Gewichtszunahme, Haarausfall, Müdigkeit und Hautprobleme verursachen. Influencer empfehlen Detox-Kuren mit Diäten, Nahrungsergänzungsmitteln und Entspannungstechniken, um das Hormon zu „entgiften“ und das körperliche Wohlbefinden zu steigern.

Medizinische Fachleute sehen den Trend jedoch kritisch: Zwar könne ein zu hoher Cortisol-Spiegel, beispielsweise in Folge von chronischem Stress gesundheitsschädlich sein, doch ist Cortisol ein lebenswichtiges Hormon, das zahlreiche Körperfunktionen reguliert. Ein pauschales „Entgiften“ sei daher nicht nur überflüssig, sondern potenziell irreführend.

Was ist Cortisol – und warum brauchen wir es?

Cortisol ist ein lebenswichtiges Hormon, das in der Nebennierenrinde produziert wird. Es spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulierung von Stoffwechselprozessen, der Immunreaktion und der Stressbewältigung. 

Cortisol wird oft als „Stresshormon“ bezeichnet, weil es in Reaktion auf Stresssituationen ausgeschüttet wird. Es hilft dem Körper, Energie bereitzustellen, indem es den Blutzuckerspiegel erhöht und die Energieproduktion in den Zellen anregt, Entzündungen zu regulieren und den Stoffwechsel sowie den Schlaf-Wach-Rhythmus zu steuern.

Wozu ist Cortisol gut?

Stressreaktion: Wenn unser Körper aufgrund von Stressoren über die initiale „Fight or Flight“-Reaktion leistungsfähig und alarmbereit sein muss, nutzt unser Gehirn die Ausschüttung von Cortisol.

Stoffwechselregulation: Cortisol beeinflusst den Kohlenhydrat-, Fett- und Eiweißstoffwechsel, um sicherzustellen, dass genügend Energie zur Verfügung steht.

Immunsystem: In moderaten Mengen wirkt Cortisol entzündungshemmend und hilft, das Immunsystem zu regulieren.

Regulation unseres Schlaf-Wach-Rhythmus: Cortisol ist der Gegenspieler des schlaffördernden Hormons Melatonin. Unser Cortisolspiegel steigt innerhalb der Morgenstunden auf natürlichem Wege an, damit wir wach und leistungsfähig sind.

 

Wie verhält sich Cortisol im Verlauf des Tages?

Der Cortisolspiegel unterliegt natürlichen Schwankungen, die durch unseren Schlaf-Wach-Rhythmus beeinflusst werden.
Morgens, kurz nach dem Aufwachen, ist der Cortisolspiegel am höchsten, um den Körper auf den Tag vorzubereiten. Im Laufe des Tages sinkt der Spiegel und erreicht in der Nacht seinen niedrigsten Punkt. 

Die Referenzwerte liegen bei Erwachsenen zwischen 133–537 nmol/l in der Morgenblutentnahme (7 bis 10 Uhr) und 68-327 nmol/l in der Abendblutentnahme (16 – 20 Uhr).
 
Tipp: Liegt Ihr Cortisolwert über oder unter dem Normbereich, lassen Sie sich davon nicht verunsichern. Sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt darüber, denn einzelne Laborwerte sind häufig nicht aussagekräftig, da sie als Momentaufnahme verstanden werden. Stattdessen sollten diese im Zusammenhang mit anderen Werten und im zeitlichen Verlauf beurteilt werden.

Wenn das körpereigene Cortisol zu hoch oder zu niedrig ist

Stressfaktoren, wie körperliche Anstrengung oder emotionale Belastungen, können zu kurzfristigen Erhöhungen des Cortisolspiegels führen. In der Regel normalisiert sich der Cortisolspiegel nach einem Anstieg wieder von selbst. 

In sehr seltenen Fällen - bei einer zugrundeliegende Erkrankung -  kann der Körper zu viel körpereigenes Cortisol produzieren. 

Der Cortsolspiegel ist zu hoch

Ein dauerhafter hoher Cortisolspiegel (Hypercortisolismus) wird als Cushing-Syndrom bezeichnet. Häufige Symptome eines Cushing-Syndroms sind:

  • Gewichtszunahmen an dünnen Extremitäten
  • Symptomatik eines „Mondgesichts“ (Moon Face)
  • Narbenähnliche Streifen in der Haut (Striae)
  • Akne
  • Diabetes
  • Zyklusstörungen und vermehrter Haarwuchs bei Frauen​​​​​​​

Der Cortisolspiegel ist zu niedrig

Jedoch kann nicht nur erhöhtes Cortisol zu negativen Symptomen für unseren Körper führen. Ist unser Cortisolspiegel zu niedrig kann das lebensbedrohliche Auswirkungen haben:

  • Leistungsabfall, Müdigkeit.
  • Schwächegefühl.
  • Übelkeit und Erbrechen.
  • Niedriger Blutdruck.

Das Ziel sollte es also nicht sein, den eigenen Cortisolspiegel auf ein Minimum zu senken, sondern eine gesunde Balance zu schaffen.

Cortisol-Detox in Social Media: Was steckt hinter den Methoden?

Wir haben vier besonders populäre Methoden sowie drei verbreitete Mythen einem Realitätscheck unterzogen:

1. Nahrungsergänzungsmittel und Detox-Drinks

Was behauptet wird: Supplements wie Ashwagandha, Magnesium, Maca oder sogenannte Adaptogene sollen helfen, Cortisol zu regulieren und Stress abzubauen. Oft werden sie in Verbindung mit Detox-Drinks vermarktet, die den Körper „reinigen“ und das Wohlbefinden steigern sollen.

Warum das problematisch ist: Zwar gibt es einzelne Studien zu bestimmten Wirkstoffen, die unter spezifischen Bedingungen Effekte zeigen – jedoch nicht in dem universellen Umfang, wie es auf Social Media suggeriert wird. Dosierungen sind häufig nicht standardisiert, und viele Produkte sind weder zugelassen noch ausreichend erforscht. 

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR, 2024) rät etwa explizit von der Einnahme von Ashwagandha ab, da die Wirkung nicht belegt und potenzielle Nebenwirkungen unklar sind. Ähnliches gilt für andere beworbene Mittel wie Inositol oder Phosphatidylserin. 

Diese ersetzen keinesfalls eine medizinisch fundierte Therapie bei tatsächlichen hormonellen oder psychischen Erkrankungen. 

Zudem ist der Begriff „Detox“ irreführend – der Körper entgiftet sich durch Leber und Nieren ganz ohne zusätzliche Hilfe.

2. Cortisol-senkende Diäten

Was behauptet wird: „Clean Eating“, Low-Carb oder entzündungshemmende Ernährung sollen den Cortisolspiegel stabilisieren und Symptome wie Gewichtszunahme oder Erschöpfung reduzieren.

Warum das fragwürdig ist: Eine ausgewogene, nährstoffreiche Ernährung kann natürlich das Wohlbefinden fördern. Doch eine spezielle „Cortisol-Diät“ existiert wissenschaftlich nicht. 

Extreme Diäten, wie sie auf Social Media oft angepriesen werden, können den Körper zusätzlich belasten und selbst zu einem Stressfaktor werden – mit gegenteiligem Effekt.

3. Morgenroutinen und „Stress-Detox“-Pläne

Was behauptet wird: Bestimmte Tagesabläufe – etwa frühes Aufstehen, kalte Duschen, Atemtechniken und Journaling – sollen helfen, Cortisol zu senken und innere Ruhe zu finden.

Warum das nicht pauschal funktioniert: Stressbewältigung durch Routinen, Bewegung oder Achtsamkeit kann hilfreich sein. Dass jeder Mensch durch dieselbe TikTok-Morgenroutine gleich gesünder und entspannter wird, ist illusorisch. 

Wer sich unter Druck setzt, täglich perfekt „entspannt“ zu sein, erzeugt schnell das Gegenteil: mehr Stress.

4. Verzicht auf Koffein und "Digital Detox"

Was behauptet wird: Smartphones, Social Media und Koffein seien Stressverstärker – ihr Verzicht soll den Cortisolspiegel senken.

Warum das nicht falsch, aber übertrieben ist: Ein bewusster Umgang mit digitalen Medien und Reizen ist absolut sinnvoll, ebenso wie moderater Koffeinkonsum. 

Aber ein pauschaler Verzicht bringt nicht automatisch hormonelle Entlastung – es kommt auf das individuelle Maß und die persönliche Stressresilienz an.

Drei häufige Fehleinschätzungen über Cortisol

Cortisol = schlecht? Ganz so einfach ist es nicht.

Oft wird Cortisol ausschließlich als „negatives Stresshormon“ dargestellt. Dabei ist es lebenswichtig: Es reguliert den Stoffwechsel, unterstützt die Immunabwehr und hilft dem Körper, mit Belastung umzugehen. Nicht „so wenig wie möglich“, sondern ein gesunder Cortisolrhythmus ist entscheidend.

Selbstdiagnosen durch Speichel- oder Urintests

Viele Detox-Influencer bewerben Selbsttests zur Messung des Cortisolspiegels. Doch diese Tests sind ungenau, da der Cortisolwert stark schwankt – je nach Tageszeit, Ernährung, Bewegung oder emotionalem Zustand. Eine seriöse Diagnostik gehört in die Hände von Fachärzt:innen. Auch die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) rät von Hormon-Selbsttests ab, weil sie darüber hinaus oft fehlinterpretiert werden und ohne ärztliche Begleitung zu falschen Schlüssen führen können. 

Körperliche Veränderungen allein durch Stress?

Veränderungen wie ein „Moonface“ (aufgequollenes Gesicht), starker Haarverlust oder Gewichtszunahme werden häufig allein mit hohem Cortisol erklärt. In Wahrheit deuten solche Symptome oft auf ernsthafte hormonelle oder metabolische Erkrankungen hin – und gehören medizinisch abgeklärt.

Cortisol und das PCO-Syndrom

Auf TikTok wird oft das Polycystische Ovarialsyndrom (PCA-Syndrom) im Kontext von Cortisol genannt. Das PCO zählt mit 5 bis 10 Prozent zu den häufigsten Hormonstörungen bei Frauen.

Die Symptome des POC-Symptoms sollen sich durch die Reduktion von Cortisol bessern. Ausgelöst wird das Syndrom über eine vermehrte Produktion männlicher Hormone im Blut (Hyperandrgenämie). Dies kann zu einer erhöhten Insulinresistenz und dadurch gesteigerten Insulinproduktion führen. Höhere Level an Insulin können die Produktion von Cortisol steigern. 

Dadurch kann der Eindruck entstehen, dass eine Cortisolminderung die Auswirkungen des Syndroms hemmt. Zwar können Stress und Cortisol Einfluss auf den Hormonhaushalt nehmen – jedoch ist PCOS eine komplexe hormonelle Störung.

Das PCO-Syndrom muss durch eine Reihe von klinischen Tests diagnostiziert werden. Die Symptome des PCO-Syndroms ähneln sich in einigen Punkten dem Cushing Syndrom, gehen jedoch mit der Bildung von polycystischen Ovarien (gutartige kleine Follikel am Eierstock) darüber hinaus. Die Behandlung zielt auf eine ganzheitliche Stabilisierung des Hormonhaushalts ab. Der reine Fokus auf Cortisol wird daher dem Krankheitsbild nicht gerecht.

Sollten Sie den Verdacht haben an einem erhöhten Cortisolspiegel, oder dem PCO-Syndrom zu leiden, klären Sie die Symptome ärztlich ab.

Cortisol und Gewichtsverlust: Mythos oder Realität?

Ein häufiges Versprechen, das von Influencern in den sozialen Medien gemacht wird, ist, dass eine Senkung des Cortisolspiegels zu einem sofortigen Gewichtsverlust führt. 

Diese Verbindung ist jedoch nicht so einfach, wie sie oft dargestellt wird. Während ein chronisch erhöhter Cortisolspiegel in bestimmten Fällen mit einer Gewichtszunahme, insbesondere im Bauchbereich, in Verbindung gebracht wird, ist die Realität komplexer. Gewichtszunahme kann durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst werden, darunter Ernährung, 

Bewegungsmangel, genetische Veranlagung und hormonelle Ungleichgewichte. Die Vorstellung, dass allein die Senkung von Cortisol zu einem signifikanten Gewichtsverlust führt, ist irreführend und kann dazu führen, dass Menschen sich auf fragwürdige Detox-Methoden verlassen, anstatt einen ganzheitlichen Ansatz zur Gewichtsreduktion zu verfolgen.

Ernährungsberaterin Giannina Schmelling: 

"Cortisol und Gewichtsveränderungen hängen tatsächlich zusammen. Doch Abnehmen ist komplexer, als es der Trend „Cortisol Detox“ suggeriert. Viele nehmen zu, weil sie ständig Diäten halten und dadurch der Grundumsatz sinkt, sie zwischen Verbot und Heißhunger schwanken, Bewegung fehlt oder weil Essen zur Emotionsregulation geworden ist. Man isst nicht aus körperlichem Hunger, sondern aus Langeweile, Einsamkeit, Geselligkeit oder weil man glaubt, den Teller immer leer essen zu müssen."

7 Maßnahmen gegen zu viel Cortisol

Die Endokrinologin Dr. Dr. Birgit Harbeck, ​​​​​​​Mediensprecherin der DGE, betonte im Vorfeld des Deutschen Kongresses für Endokrinologie, dass eine „Cortisol-Entgiftung“ nicht nur überflüssig, sondern auch unmöglich ist. Der Körper reguliere den Cortisolspiegel selbstständig, und eine bewusste Entgiftung ist schlichtweg nicht notwendig. Stattdessen sollten wir uns darauf konzentrieren, gesunde Strategien zur Stressbewältigung zu entwickeln.

Folgende Strategien hilfreich sein, um aktiv mit Stress umzugehen und das eigene Wohlbefinden zu fördern:

Regelmäßige Bewegung: Integrieren Sie Bewegung in Ihren Alltag – sei es durch Spaziergänge, Yoga oder Sport. Jede Form von Bewegung hilft, Stress abzubauen. Sie fördert außerdem die Produktion von Endorphinen, die für gute Laune sorgen.

Achtsamkeit und Meditation: Achtsamkeitsübungen und Meditation können helfen, den Geist zu beruhigen und Stress abzubauen. Nehmen Sie sich täglich ein paar Minuten Zeit, um zu atmen und im Hier und Jetzt zu sein.

Gesunde Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung, die reich an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und gesunden Fetten ist. Diese Nährstoffe unterstützen nicht nur den Körper, sondern auch die mentale Gesundheit.

Guter Schlaf: Sorgen Sie für ausreichend Schlaf und eine regelmäßige Schlafroutine. Ein erholsamer Schlaf ist entscheidend für die Stressbewältigung und das allgemeine Wohlbefinden.

Soziale Kontakte pflegen: Verbringen Sie Zeit mit Familie und Freunden. Soziale Unterstützung ist ein wichtiger Faktor, um Stress zu reduzieren und das emotionale Wohlbefinden zu stärken.

Entspannungstechniken: Probieren Sie verschiedene Entspannungstechniken aus, wie zum Beispiel progressive Muskelentspannung, Atemübungen oder kreative Aktivitäten wie Malen oder Musizieren.

Stressbewältigungsstrategien entwickeln: Finden Sie heraus, welche Aktivitäten Ihnen helfen, Stress abzubauen. Das kann Lesen, Gartenarbeit oder einfach nur ein gutes Gespräch sein. Wichtig ist, dass Sie sich Zeit für sich selbst nehmen.

Fazit: Gesunder Lebensstil statt Cortisol Detox

„Cortisol-Detox“ klingt wie die schnelle Lösung für viele Alltagsprobleme. Doch die vermeintlichen Wundermittel und Routinen aus dem Netz beruhen oft auf Halbwissen, Marketing oder unklaren Daten. 

Anstatt uns auf fragwürdige Detox-Methoden, sollten wir uns auf die Förderung eines gesunden Lebensstils konzentrieren. Das bedeutet, Stress aktiv zu managen und auf die Signale unseres Körpers zu hören. Denn ein ausgewogenes Leben ist der beste Weg, um das Wohlbefinden zu steigern.

Quellen:
​​​​​​​https://flexikon.doccheck.com/de/Cortisol
https://www.endokrinologie.net/pressemitteilung/dge-raet-von-hormon-selbsttests-ab.php
https://www.helios-gesundheit.de/magazin/news/03/cortisol/
https://www.mdpi.com/1422-0067/23/15/8178
https://www.rupahealth.com/post/cortisol-and-pcos
https://www.ukbonn.de/gynaekologische-endokrinologie-und-reproduktionsmedizin/behandlungsspektrum/hormonstoerungen/das-pco-syndrom/
https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/Mediziner-warnen-vor-Internettrend-der-Cortisol-Entgiftung-457129.html

null Was ist Stressmanagement – Definition, Methoden und Übungen

Eine junge Frau sitzt entspannt auf dem Balkon und arbeitet
Psyche

Was ist Stressmanagement? Definition, Methoden, Übungen

Deadlines, Termine, Familienalltag, Einsamkeit – im Alltag und im Job begegnen uns Situationen, die uns schnell stressen. Oft merken wir gar nicht, dass wir gestresst sind oder machen einfach weiter wie bisher. Bis wir nicht mehr können und im allerschlimmsten Fall ein Burnout droht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ordnet Stress als eine der größten Gesundheitsgefahren dieses Jahrhunderts ein. 

Ein gutes Stressmanagement hilft, Job- und Alltagssituationen leichter zu meistern und die Belastung allmählich zu reduzieren.

1. Was ist Stress und welche Stresssymptome gibt es?

1.1. Wie entsteht Stress?

Eine Stressreaktion ist ein Notfallprogramm unseres Körpers, die für unsere Vorfahr:innen überlebenswichtig war: Droht Gefahr, zum Beispiel durch einen Tiger, spult der Körper ein Programm ab, das ihn auf Kampf oder Flucht vorbereitet. Der Sympathikus, ein Teil unseres vegetativen Nervensystems, sorgt dafür, dass unser Körper Adrenalin ausschüttet.

Adrenalin erhöht:

  • die Atemfrequenz
  • die Herzfrequenz
  • die Muskeltätigkeit

Adrenalin hemmt:

  • die Verdauung
  • den Sexualtrieb
  • den Speichelfluss

​​​​​​Die Stressreaktion macht unseren Körper stärker, schneller und weniger schmerzempfindlich für den Kampf oder die Flucht. Ist der Tiger dann verschwunden, wird der Parasympathikus aktiviert und versetzt den Körper wieder in den Ruhezustand.

Aus medizinischer Sicht ist Stress eine körperliche Reaktion, die den Organismus kurzfristig besonders leistungsfähig machen soll – und keinerlei krankmachende Effekte hat. 

Andauernder Stress hingegen kann Körper und Seele ernsthaft schaden. Chronischer Stress macht sich im Körper durch einen erhöhten Cortisolspiegel bemerkbar.

 

Chronischer Stress kann zur Folge haben:

  • Eingeschränkte Gedächtnisfunktion
  • Kopf- und Rückenschmerzen
  • Bluthochdruck, koronare Herzerkrankung
  • Magen-Darmbeschwerden
  • Potenz- /Zyklusstörungen
  • Schlafstörungen
  • Geschwächtes Immunsystem & Krankheitsanfälligkeit

​​​Das Wichtigste im Umgang mit Stress sind also Bewegung und Ruhephasen, durch die der Körper wieder auf Normalbetrieb umstellen kann.

 

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1.2. Was führt zu Stress am Arbeitsplatz?

Tiger sind zum Glück eher selten am Arbeitsplatz anzutreffen.

Dennoch ist der Job voller Stressoren. Ein zu hohes Arbeitspensum, Termindruck, Unterbrechungen und Störungen, Informationsflut und schlechte Arbeitsplatzbedingungen sind laut der Studie der Technischen Krankenkasse „Entspann dich, Deutschland“ aus 2021 die Hauptstressoren am Arbeitsplatz.

Was allerdings genau Stress bei einem Mitarbeitenden auslöst, kann sehr stark variieren. Stress, Stressoren und Stresssymptome sind so vielfältig, wie wir Menschen selbst.

Ein Betriebliches Stressmanagement kann Rahmenbedingungen schaffen, um präventiv und akut Abhilfe zu leisten.  

1.3. Test: Kennen Sie Ihre persönlichen Stressverstärker?

Mit diesem Test finden Sie heraus, was bei Ihnen ganz persönlich Stress auslöst:

Test: Was sind meine persönlichen Stressverstärker?​​​​​​​

2. Was ist Stressmanagement?

Unter Stressmanagement versteht man die Gesamtheit aller Methoden und Strategien, um Stress zu verhindern, zu reduzieren oder zu bewältigen.

Das persönliche Stressmanagement umfasst die individuellen Methoden des Einzelnen um mit belastenden Situationen umzugehen.

Das betriebliche Stressmanagement zielt in erster Linie darauf ab, für die Mitarbeitenden eine Atmosphäre zu schaffen, in der besonders kreativ und produktiv gearbeitet werden kann. Viele Angebote in diesem Bereich helfen aber ebenso das persönliche Stressmanagement der Angestellten weiterzubringen.

3. Stresskompetenz entwickeln

3.1. Welche Methoden der Stressbewältigung gibt es?

Gerade in unserer schnelllebigen Welt, können wir uns nur schwer Unterbrechungen und der Informationsflut entziehen. Das heißt: Stress lässt sich nicht vermeiden.

Wenn wir den Stress nicht loswerden können, müssen wir lernen damit zu leben und mit belastenden Situationen zurecht zu kommen. Dies bedeutet die persönliche Stresskompetenz zu steigern, um heikle Momente früh erkennen und mit der richtigen Strategie begegnen zu können.

Ebenso hilft es die eigene Widerstandskraft zu stärken, also Stressresistenz aufzubauen. Ist es nicht möglich belastende Situationen zu meiden, kann man diese zumindest ändern, um präventiv dem Stress vorzubeugen.

Es gibt unterschiedliche Methoden des Stressmanagements. Welche Methode am besten passt, muss jeder für sich selbst herausfinden. Ein effektives Stressmanagement sollte eine Vielfalt von Methoden der Stressbewältigung aufweisen.

Im Folgenden geben wir einen Überblick über mögliche Stressmanagement-Strategien geben.  

3.2. Multimodales Stressmanagement (Kaluza)

Das multimodale Stressmanagement geht auf den Psychologen Gert Kaluza zurück, der dieses Prinzip immer noch anwendet. Das Modell zeigt verschiedene Ebenen der Stressbewältigung, die an unterschiedlichen Punkten ansetzen auf. Dabei spielt die Umwelt eine tragende Rolle, sowie die persönliche Einstellung und der eigene Umgang mit stressigen Situationen. 

 

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3.3. Was ist das Stressmodell nach Kaluza?

Prof. Gert Kaluza, psychologischer Psychotherapeut, Trainer und Coach gilt schon seit den 1990er Jahren als einer der führenden Experten im Bereich Stressmanagement. Zahlreiche Krankenkassen empfehlen das von ihm entwickelte Stressbewältigungsprogramm.

Das Modell besagt im Kern, dass sich Stress aus drei Schlüsselfaktoren zusammensetzt. Diese so genannte “Stressampel” besteht aus:

  1. Allen äußeren Umständen, die Stress auslösen. Zu den so genannten „Stressoren“ zählen unter anderem Zeitdruck, Streit, Informationsflut. (“Ich gerate in Stress, wenn...”)
  2. Allen inneren Umständen, die Stress auslösen. Diese „persönlichen (mentalen) Stressverstärker“ sind zum Beispiel eigene Denkmuster, negative Glaubenssätze, Drang zu Perfektionismus. (“Ich setze mich selbst unter Stress, indem …")
  3. Allen körperlichen Reaktionen auf Stress. Solche „Stressreaktion“ können sich auf drei Ebenen äußern. So kann sich Stress physisch z.B. über starkes Schwitzen äußern, oder im Verhalten z.B. durch übermäßige Gereiztheit oder auf eine kognitiv-emotionale Weise z.B. in Form eines Blackouts. (“Wenn ich im Stress bin, dann …")

3.4. Die drei Säulen der Stresskompetenz

Auf Basis dieses Modells hat Kaluza die drei Säulen der individuellen Stresskompetenz konzipiert.   

Instrumentale Stresskompetenz

Reduzieren von Stressoren mit Hilfe der instrumentellen Stresskompetenz:

  • Fachliche Weiterbildung gegen Überforderung
  • Problemlösungskompetenz steigern
  • Hilfe zu Selbstmanagement
  • Lernen Unterstützung anzunehmen und einzufordern
  • Lernen nein zu sagen und Grenzen zu setzen

Mentale Stresskompetenz   

Veränderung der inneren Einstellung dank der mentalen Stresskompetenz:

  • Negative Glaubenssätze aus der Kindheit entlarven
  • Förderliche Denkweisen entwickeln lernen 
  • Positive Glaubenssätze formulieren
  • Glauben an eigenen Kompetenzen fördern

Regenerative Stresskompetenz

Entschärfen von Stressreaktionen durch die regenerative Stresskompetenz:

  • Ausreichend und richtige Bewegung
  • Gesunde Ernährung
  • Pausenkultur
  • Schlafhygiene
  • Entspannungstechniken

 


 

4. Was gehört zum Betrieblichen Stressmanagement?

Bei dem Wort Stressmanagement denkt man wohl zuerst an Entspannung, Pausen und Yoga. Doch zeigt das Stressmodell nach Kaluza deutlich, dass Stressmanagement unbedingt weitergedacht werden muss. So ist Stress zwar individuell, dennoch ist es möglich für alle Beschäftigten einen Rahmen zu schaffen, in der die persönliche Stresskompetenz geschult werden kann.

4.1. Organisatorische Ebene: Reduzieren von Stressoren

Sicher lässt sich das Arbeitspensum manchmal schwierig steuern. Aber durch optimierte Arbeitsprozesse können die Belastungssituation für einzelne Mitarbeiter:innen reduziert werden. 

  • Investieren Sie in fachliche Weiterbildung und beugen Sie so Überforderung vor.
  • Vertrauen Sie Ihren Mitarbeiter:innen und lösen Sie sich von starren Arbeitszeiten und Präsenzpflicht.
  • Flexible Arbeitszeitmodelle ermöglichen eine Anpassung an die persönliche Leistungskurve und geben Raum für Vereinbarkeit von privaten und beruflichen Belangen.
  • Angebote zu Zeit- und Selbstmanagement können helfen das Arbeitspensum besser zu meistern

4.2. Persönliche Stressoren reduzieren

Sicher sind Kolleg:innen oder die Führungskraft nicht immer die richtige Adresse die schweren Kindheitserinnerungen und die daraus hervorgehenden persönlichen Stressoren aufzuarbeiten. Aber es gibt viele Möglichkeiten als Unternehmen auch in dieser Hinsicht ein Angebot für die Mitarbeitenden herzustellen.

Bieten Sie eine neutrale Vertrauensstelle an, wohin sich die Beschäftigten bei Bedarf wenden können.

4.3. Entspannungsangebote für Beschäftigte

Nicht umsonst haben Betriebliche Gesundheitsangebote Hochkonjunktur. Business Yoga, Massagen oder gratis Sportangebote schaffen einen gesunden Ausgleich zum Arbeitsalltag und sorgen zudem für mehr Motivation bei Mitarbeiter:innen. Denn wer sich in seinen persönlichen Belangen von seinem Arbeitgeber beachtet und wertgeschätzt fühlt,  baut eine Bindung zum Unternehmen auf.

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5. Einfache und effektive Übungen zur Stressbewältigung

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2. Drei einfache Yoga-Übungen für den Rücken

3. Sinne-Achtsamkeitsübung

4. Finger-Yoga: Nackenverspannungen in 3 Minuten lösen

6. Stressmanagement mit dem pme Familienservice

Ob Kommunikationstrainings für Führungskräfte, Unterstützung bei der Etablierung einer gesunden Fehlerkultur, ein abwechslungsreicher Gesundheitstag oder ein hybrides BGM-Konzept?

Gerne machen wir Ihnen ein Angebot für ein maßgeschneidertes, betriebliches Stressmanagement.

Lassen Sie sich von Ihrer/m Geschäftskundenbetreuer:in beraten oder nehmen Sie Kontakt zu den Berater:innen unserer 24/7 Service-Hotline auf: 0800 8010070-80.

Vorträge und Seminare gegen Stress

In unserem Veranstaltungskalender finden Sie vielfältige Angebote zur Stressprävention.

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Quellen:

www.tk.de/resource/blob/2116464/9ff316aaf08870ed54aa8a664502ac67/2021-stressstudie-data.pdf

www.gkm-institut.de/downloads.html

coachinglovers.com/coaching-tool/stressampel-nach-kaluza/​​​​​​

coachinglovers.com/stressmanagement/stressbewaeltigung