Führen in der Krise: So stärken Sie Ihre Teams
Was brauchen Teams und Führungskräfte, um in einer unruhigen Arbeitswelt voller Wandel, Digitalisierung und KI langfristig gesund, motiviert und leistungsfähig zu bleiben?
Führungskräfte-Coachin Darina Doubravová erklärt im Interview, wie Unternehmen Ängsten und Widerständen begegnen und Beschäftigte fit für die Zukunft machen und warum gezielte Unterstützung und echte Partizipation heute wichtiger sind denn je.
Mitarbeitende brauchen in Krisenzeiten psychologische Sicherheit, offene Kommunikation und gezielte Unterstützung durch ihre Führungskräfte. Besonders bei der Einführung von KI ist eine transparente, begleitete Herangehensweise mit Schulungen und aktiver Einbindung aller Teammitglieder entscheidend. Early-Adopter können als Multiplikatoren eingesetzt werden.
Coachings, Peer-Lernformate und Resilienz-Angebote stärken Teams nachhaltig. Führungskräfte fördern Veränderungskompetenz durch Wissen, Motivation und Vorbildfunktion. In einer VUCA/BANI-Arbeitswelt sichern kontinuierliches Feedback und partizipative Führung den langfristigen Erfolg des Unternehmens.
In diesem Beitrag im Fokus:
Was fällt dir auf, wenn du die aktuelle Arbeitswelt betrachtest?
Darina Doubravová: Im Moment nehme ich viel Verunsicherung wahr. Und Unsicherheit belastet. Wenn wir das aus der Gesundheitsperspektive betrachten, sehen wir die steigende Tendenz von psychischen Belastungen bei Mitarbeitenden. Dieser Trend wird vermutlich weitergehen.
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Zu den Datenschutzeinstellungen »"Ein Unternehmen braucht verschiedene Blickwinkel, Persönlichkeiten und Kompetenzen, um eine möglichst richtige Einschätzung der Zukunft zu bekommen und mit dem Wandel zu gehen. Dafür müssen alle Mitarbeitenden mitgenommen und unterstützt werden. Es kann sich nicht darauf verlassen werden, nur diejenigen zu halten, die auch so zurechtkommen." – Darina Doubravová, Coachin für Führungskräfte & Leiterin der pme Akademie
Wie können Führungskräfte mit Verunsicherung und Ängsten im Team umgehen?
Die Angst vor dem Jobverlust, aber auch die Angst, nicht mehr mitzukommen, wird in vielen Bereichen größer, nicht zuletzt durch KI. Da braucht es Führungskräfte, die führen können, das heißt die Verantwortung übernehmen können, die Ängste ernst nehmen und Zuversicht vermitteln. Und zwar mit fachlicher Demut und psychologischer Sicherheit.
Wie können Mitarbeitende bei der Einführung von KI gezielt begleitet werden?
Es gibt große und zum Teil auch berechtigte Bedenken gegenüber KI. Aber ehrlich gesagt kann es sich niemand mehr leisten, sich nicht damit auseinanderzusetzen, der nicht in den nächsten Jahren in Rente geht. KI wird bleiben, deshalb ist ein bewusster Umgang damit wichtig.
Dazu müssen sich Personalverantwortliche und Führungskräfte Gedanken machen, es braucht ein Konzept:
- Wie nehmen wir alle mit?
- Wie gehen wir mit Unsicherheiten und Ängsten um?
- Und welche Schulungen braucht es?
"Es reicht nicht, allen einfach zu sagen: ‚Jetzt benutzt alle ChatGPT!‘, sondern wir müssen die Relevanz aufzeigen und Ängste ernst nehmen. Besonders, weil manche Leute Angst haben, den Anschluss zu verpassen oder vielleicht sogar um ihren Arbeitsplatz bangen." – Darina Doubravová, Coachin für Führungskräfte & Leiterin der pme Akademie
Wichtig ist dabei auch die Aufklärung:
- Wo ist KI hilfreich?
- Was kann KI (noch) nicht?
- Wie gehen wir sicher und datenschutzkonform damit um?
Hier können Trainingsformate wie Gruppencoachings und der Austausch über Unsicherheiten enorm helfen.
Es kann hilfreich sein, Early Adopter im Team zu identifizieren und sie gezielt als Multiplikatoren für die KI-Themen zu nutzen. Das können Teammitglieder sein, die einfach Lust auf Technik oder bereits Erfahrungen mit KI gesammelt haben und diese im Team weitergeben wollen. So kann man Widerstände auffangen und gemeinsam lernen.
Was ist psychologische Sicherheit – und warum ist sie aktuell so wichtig?
Psychologische Sicherheit ist unglaublich wichtig, und ich bin überrascht, wenn es Unternehmen oder eine Führungskraft gibt, die nicht weiß, wie wichtig psychologische Sicherheit für die Zukunft ist. Aber: Es reicht nicht, davon zu wissen – sie muss gelebt werden.
"Zur psychologischen Sicherheit gehört für mich, dass jede Meinung ernsthaft gehört wird, weil wir in komplexen Zeiten leben und es meist keine fertigen Lösungswege gibt." - Darina Doubravová
Jede:r muss die Möglichkeit bekommen, auch abweichende oder scheinbar seltsame Meinungen zu formulieren, ohne Angst zu haben, ausgelacht oder stigmatisiert zu werden. Gleichzeitig reicht es nicht, Meinungen nur pro forma einzuholen.
Für Führungskräfte gilt es, ernsthaft zuzuhören und einen sicheren Raum zu schaffen, wo sich Teammitglieder zu sagen trauen: "Das sehe ich anders” und dies als Bereicherung angesehen wird.
Wie steht es um die psychologische Sicherheit in Ihrem Team? Lesen Sie jetzt “Psychologische Sicherheit in Teams: 10 Tipps”
Jeder Mensch braucht Sicherheit – manche mehr, manche weniger. Im Arbeitskontext können schon im Kleinen Sicherheiten geschaffen werden, beispielsweise durch gleichbleibende Abläufe und wiederkehrende Rituale.
Was ist unter Veränderungskompetenz zu verstehen, und wie kann sie gefördert werden?
Veränderungskompetenz hat in meinem Verständnis drei Komponenten:
1. Das Können (Wissen, wie Neues funktioniert)
Mitarbeitende brauchen zuerst das nötige Wissen und die Fähigkeiten, um neue Tools wie beispielsweise ChatGPT nutzen zu können. Sie müssen praktisch gezeigt bekommen, wie es funktioniert. Oft scheitert es genau daran, die Menschen fühlen sich nicht richtig mitgenommen und haben Angst, etwas Neues zu nutzen, weil sie es schlichtweg nicht können.
2. Das Wollen (den eigenen Nutzen erkennen)
Es muss klar sein, welchen persönlichen Nutzen eine Veränderung bringt. Nur wenn Mitarbeitende erkennen, was ihnen die Neuerung bringt, sind sie auch motiviert, mitzumachen. Da reicht es meist nicht aus, die allgemeinen Vorteile für das Unternehmen hervorzuheben, jeder muss den Mehrwert für sich selbst erkennen.
3. Das Dürfen (den Rückhalt durch Führungskräfte erhalten)
Führungskräfte müssen Vorbilder sein, sie müssen zu den Early Adopters gehören und die Veränderung mit vorantreiben, sonst nehmen sie ihrem Team die Entwicklungschance – und stellen selbst die Hürde da.
Sind die Konzepte VUCA und BANI heute noch relevant?
Die Modelle sind aktueller denn je. Ob VUCA (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity) oder BANI, es läuft auf dasselbe hinaus: dass Ursachen und Folgen nicht mehr so einfach einzuordnen sind. Nichts ist heute noch in Stein gemeißelt, alles ändert sich, ist komplex, nichtlinear und teilweise auch nicht nachzuvollziehen.
Genau deshalb ist es entscheidend, Feedbackschleifen zu verkürzen, regelmäßig zu evaluieren und Resilienz zu fördern. Es hilft nicht, Verunsicherung wegzuleugnen oder zu dramatisieren. Der Weg liegt im Akzeptieren und im Handeln, trotz oder gerade wegen der Unsicherheiten.
"Wir brauchen Zuversicht, um handlungsfähig zu bleiben, wie Vera Starker es in ihrem Buch ‘Mut zur Zuversicht’ treffend beschreibt." – Darina Doubravová, Coachin für Führungskräfte & Leiterin der pme Akademie
Was empfehlen Sie Personalverantwortlichen in Zeiten wie diesen zur Unterstützung ihrer Mitarbeitenden?
Gerade, weil der Druck auf Beschäftigte und die Sorgen immer größer werden, sind unterstützende Angebote, die die psychische Gesundheit stärken, wichtiger denn je.
Das können Resilienztrainings, Angebote für Stressmanagement, positive Psychologie, aber auch klassische Sportangebote sein. Ebenso der Zugang zu Coachings und persönlichen Beratungsgesprächen.
Kurz gesagt braucht es:
- Angebote für mentale Gesundheit und Resilienz aufbauen
- Gruppen- und Lernformate für den offenen Austausch schaffen (Peer-Formate, z. B. zu KI oder Stressmanagement)
- Early Adopter und unterschiedliche Blickwinkel aktiv ins Boot holen
- Partizipation und Einbindung jedes einzelnen Teammitglieds
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