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null Comedian Dr. Pop: „Musik ist eine Wunderwaffe fürs Gehirn“

Portrait Dr. Pop - Speaker Health Day 2025
Body & Soul

Comedian Dr. Pop: „Musik ist eine Wunderwaffe fürs Gehirn“

Ist Musik wirklich die beste Medizin? Für Markus „Dr. Pop“ Henrik lautet die Antwort eindeutig ja. Musik lindert Stress, hält geistig fit – und kann sogar das Leben verlängern. Mit Witz und fundiertem Wissen erklärt der Musikwissenschaftler und -kabarettist, wie Songs Körper und Seele in Schwung bringen. Im Interview zeigt er uns, welche unglaubliche Wirkung Musik auf unsere Gesundheit hat – und warum Klavierspielen sogar beim Rückwärtseinparken hilft.

​​​​​​​"Musik ist die einzige Medizin ohne jegliche Nebenwirkung." 

Musik wird oft als Therapie eingesetzt, z. B. bei Demenzerkrankungen, Stress oder Depressionen. Ist Musik die Allroundpille bei Erkrankungen?

Dr. Pop: Die Wirkungen sind ganz fantastisch, und eine Überdosierung ist fast ausgeschlossen. Man weiß, dass von früher bekannte Songs bei Demenzpatienten wie eine Art Gehirnschrittmacher funktionieren können. Da Musik in allen Bereichen des Gehirns verarbeitet wird, hat sie eine belebende Wirkung auf alle Areale. Es gibt Studien dazu, dass das gemeinsame Singen und Musikhören nicht nur den Geist belebt, sondern auch motorische Fähigkeiten verbessert. Bei Depressionen gibt es die Möglichkeit (natürlich unter professioneller psychotherapeutischer Begleitung), sich in stabilen Phasen Playlisten zu bauen, die in dunklen Phasen helfen können. Musik gibt uns das Gefühl, nicht allein zu sein. Und sie drückt Gefühle aus, für die es keine Worte gibt.

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Wie können Menschen Musik nutzen, um glücklicher oder gesünder zu werden?

Viele Menschen setzen intuitiv Musik beim Sport ein. Das ist super. Aus der Forschung gibt es aber Tipps, wie man es optimieren kann. Zum Beispiel mit der 2-zu-1-Regel: Wenn man montags, mittwochs und freitags Sport macht (also, ich mache das nicht, nur mal hier als Beispiel), dann kann man an den ersten zwei Tagen Musik ruhig einsetzen. Aber freitags lässt man sie weg. Damit stellt sich kein Abnutzungseffekt ein. Und die Ergebnisse beim Sport mit Musik montags und mittwochs sind auf lange Sicht besser. Das wurde an der Sporthochschule Köln herausgefunden.

Gibt es aus medizinischer Sicht einen Unterschied, ob man selbst Musik macht oder nur konsumiert?

Schon. Das Spielen und Ausüben von Musik ist eine Wunderwaffe fürs Gehirn. Wie Kreuzworträtsel-Lösen, aber mit dem Faktor 100. Es gab eine Untersuchung, bei der Menschen um die 70 herum ein halbes Jahr lang regelmäßig Klavierunterricht spendiert bekamen. Sie hatten alle Spaß daran, konnten danach aber auch alle besser rückwärts einparken. Musik machen verbessert die Koordinationsfähigkeiten. Bei Kindern ist sie unglaublich wichtig bei der sprachlichen Entwicklung. Sie hilft aber in jeder Lebensphase.

Unterwegs zwischen Bühne, Radio und Schreiben – nutzen Sie gezielt Musik, um trotz Stress gesund und ausgeglichen zu bleiben?

Ja, ich habe auf meinem Smartphone eine Playlist, die heißt „Vor der Show“. Da kommen immer wieder neue Songs drauf, die mir guttun, die ich aber auch als Einlassmusik für mein Publikum nutzen kann. Und ich habe meine All-Time-Favorites, die mir vor Stresssituationen helfen. Musik ist Teil unserer Identität. Wenn wir Antworten mehr bei uns selbst und weniger im Außen suchen, kann das Stress reduzieren.

Haben Sie ein tägliches Ritual, das Ihnen dabei hilft?

Ich muss häufiger für das Frühstücksfernsehen um 4:30 Uhr aufstehen. Um dann hochzukommen, gibt es keine Musik, die unter 130 bpm (beats per minute) ist – fragen Sie mal meine Nachbarn. Kleiner Witz. Die Lautstärke ist da nicht so entscheidend für mich. Mehr die Energie. Sich von Musik wecken zu lassen ist übrigens besser fürs Gehirn als von klassischen Wecktönen. Das ist auch gut erforscht.

In Ihren Programmen verbinden Sie Humor und Musik. Welche Rolle spielt Lachen in Kombination mit Musik für die mentale Gesundheit?

Lachen und Musik sind wie ein Duett von Endorphinen. Das eine kitzelt die Zwerchfellmuskeln, das andere die Synapsen. Deshalb sind Konzerte mit Comedy-Einschlag doppelt gesund. Ich würde mich freuen, wenn es meine Show „Hitverdächtig“ endlich auf Rezept gibt.

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Dr. Pop ist Speaker beim Health Day 2025 am 9. Oktober, dem digitalen Gesundheitsevent für Unternehmen.

Studien sagen, Konzertbesuche können das Leben verlängern. Gibt es ein Live-Erlebnis, das sich für Sie wie ein gesundheitlicher Boost angefühlt hat?

Es wurde tatsächlich bei einer Langzeitstudie herausgefunden: Menschen, die regelmäßig auf Konzerte gehen, leben länger. Das geht einher mit verschiedenen sozialen Aktivitäten. Auch wenn man mal allein zu einem Konzert geht, ist man unter Menschen. Das brauchen wir ab und an. Nur Rückzug ist nicht gesund. Die aktive Teilhabe am kulturellen Leben verlängert das Leben und tut übrigens auch der Wirtschaft gut. Es gibt Initiativen, die die Förderung öffentlicher Konzerte in Kommunen fordern.

Haben Sie schon mal erlebt, dass Musik Sie so motiviert hat, dass Sie dabei fast körperliche Grenzen überwunden haben?

Beim Tanzen sicher. In meinem Programm ist aktuell eine 2- bis 3-minütige Tanznummer drin. Ohne Musik könnte ich mich niemals so viel und schnell am Stück bewegen. Es sind auch ein paar Michael-Jackson-Moves drin – danach brauche ich aber meist gefühlt ein Sauerstoffzelt, wie er es der Legende nach damals nutzte.

Wenn Sie einem völlig musikfernen Menschen einen 'Gesundheits-Track' verschreiben könnten – welcher Song wäre das und warum?

In einer Studie in den Niederlanden kam heraus, dass „Don’t Stop Me Now“ von Queen bei den meisten Menschen im Schnitt direkt ein gutes Gefühl vermitteln würde. Man kann aber auch Songs tothören, und sie können zum Klischee verkommen.

Daher: Musik ist etwas sehr Individuelles. Die Vorlieben sind an das Aufwachsen, das soziale Umfeld, also langfristig an persönliche Erfahrungen geknüpft. Musik ist und bleibt aber die einzige „Droge“ oder besser Medizin ohne jegliche Nebenwirkung. 

Außer Ohrwürmer vielleicht. Die sind aber auch besser als ihr Ruf. Die entstehen nämlich häufig dann, wenn wir mal loslassen und unser Gehirn im Stand-by-Modus beim Fahrradfahren oder Bügeln läuft. Und in Zeiten, wo es so viel Ablenkung gibt und viel auf uns einprasselt, ist das auch etwas Schönes.  


Markus "Dr. Pop" Henrik ist Autor des Buches "Dr. Pops Musikalische Sprechstunde" (Heyne).