Kleinkinder in der Kindertagespflege
Pädagogik

Tagesmutter werden: Ausbildung & Voraussetzungen

Kindertagespflege ist eine wichtige Säule der Kinderbetreuung. Immer mehr Eltern entscheiden sich für diese individuelle Form der Kinderbetreuung, viele Menschen bauen sich damit eine berufliche Existenz auf. Lesen Sie, welche Vorteile Kindertagespflege bietet und welche Voraussetzungen Sie brauchen, um Tagesmutter oder Tagesvater zu werden.

Immer mehr Kinder werden im Rahmen der Kindertagespflege betreut. Meistens handelt es sich hierbei um Kinder im Alter von 1-3 Jahren, aber auch jüngere und ältere Kinder finden ihren Platz in der Kindertagespflege, z.B. in der Nachmittagsbetreuung nach der Schule.

Was ist Kindertagespflege?

Bei der Kindertagespflege betreut eine Tagesmutter oder ein Tagesvater bis zu fünf Kinder im eigenen Haus oder in der eigenen Wohnung. Daneben setzt sich die sogenannte Großtagespflege vermehrt durch. Hier betreuen zwei bis drei Betreuungspersonen 10 bis 15 Kinder, meist in angemieteten Räumen. Tagespflegepersonen sind überwiegend selbstständig tätig und kommen selbst für ihre Sozialabgaben und Steuern auf. Betreuungsgeld erhalten sie vom Jugendamt oder von den Eltern der betreuten Kinder.

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Welche Bereiche gibt es in der Kindertagespflege?

Die 4 großen Bereiche sind:

  • Kindertagespflege im eigenen Haushalt (i.d.R. selbstständig).
  • Kindertagespflege im Haushalt der Eltern (i.d.R. angestellt).
  • Kindertagespflege in angemieteten Räumen (angestellt oder selbstständig).
  • Großtagespflege (Zusammenschluss mehrerer Kindertagespflegepersonen, angestellt oder selbstständig).

Wie alt sind die Kinder in der Kindertagespflege?

Die Kindertagespflege wird überwiegend für Kinder von null bis drei Jahren genutzt. Möglich ist aber auch die Betreuung älterer Kinder, zum Beispiel im Vorschulalter oder von Schulkindern am Nachmittag.

Warum wird die Kindertagespflege immer beliebter?

Dass die Kindertagespflege besonders für kleine Kinder so beliebt ist, liegt unter anderem an den kleinen Gruppen. „Alles ist überschaubar, und die Tagespflegeperson kann individuell auf jedes Kind eingehen“, sagt Lena Kolits, Produktverantwortliche für Kindertagespflege beim pme Familienservice. 

Ein geregelter Tagesablauf mit Zeit zum Spielen, Ruhezeiten und gemeinsamen Mahlzeiten dient den Kindern als Orientierungshilfe und gibt ihnen Sicherheit. „Natürlich kommt auch die Bewegung an der frischen Luft nie zu kurz. Und es gibt viele pädagogische Angebote wie musikalische Früherziehung, Naturpädagogik, Forschen und Experimentieren und Bewegungserziehung“, zählt Lena Kolits auf.

Für immer mehr Betreuungspersonen ist die Kindertagespflege der ideale Einsatzbereich. „Zunehmend entscheiden sich auch pädagogische Fachkräfte wie Erzieherinnen oder Erzieher für die Tagespflege“, sagt Lena Kolits. „Vor allem die Großtagespflege, bei der man im Team arbeiten kann, liegt hoch im Kurs“. 

 

Was sind die Vorteile der Kindertagespflege?

  • Viele Eltern erleben die Kindertagespflege als die flexiblere Betreuungsform - da die Tagespflegepersonen i.d.R. (mehr als 90%) selbstständig tätig sind und häufig flexible Betreuungszeiten anbieten.
  • Kindertagespflege wird als sehr familiär empfunden.
  • Eine Tagespflegeperson betreut maximal 5 Kinder gleichzeitig, die Bezugsgruppe ist kleiner als in den meisten Kitas.
  • Es soll doch etwas "größer" sein? Dann könnte die Großtagespflege die richtige Wahl sein. Hier schließen sich zwei Tagespflegepersonen in angemieteten Räumen zusammen und betreuen gemeinsam bis zu 9 Kinder (mit fester Bezugsperson).
  • Durch die Gleichstellung der Kindertagespflege mit der Betreuung in Kitas greift auch hier die staatliche Verantwortung und es gibt bereits viele gut funktionierende Vertretungssysteme im Krankheits- oder Urlaubsfall.

Grundsätzlich haben Familien ein gesetzlich verankertes Wunsch- und Wahlrecht zwischen Kita und Betreuung in der Kindertagespflege.

Wer kann Kindertagespflegeperson werden?

Grundsätzlich kann jede:r Kindertagespflegeperson werden. Dennoch gilt es einige (auch persönliche) Voraussetzungen zu erfüllen bzw. bedenken:

  • Sie sollten gerne mit Kindern zusammen sein und sich gut auf ihre Lebenswelt einstellen können.
  • Sie sollten über mehrere Jahre zu festgelegten Zeiten eines oder mehrere Kinder betreuen können.
  • Sie sollten den Kindern einen geregelten Tagesablauf bieten können und bereit sein, dafür ggf. Einschränkungen in Ihrem persönlichen Leben auf sich zu nehmen.
  • Sie sollten um die einzelnen Entwicklungsschritte von Kindern wissen (körperliche und persönliche, wie zum Beispiel die Trotzphase) und diese mit einem fremden Kind durchleben können.
  • Bei Betreuung in den eigenen Räumen: Ihre Wohnung sollte kindgerecht eingerichtet sein..
  • Für das Tageskind sollte ausreichend Platz vorhanden sein (Spielecke, Schlaf- und Rückzugsmöglichkeit, Platz zum Essen) und es sollte in der Nähe eine Möglichkeit geben, draußen zu spielen.
  • Sie sollten mit Ihrer Lebenssituation zufrieden sein und Ihr Leben aktiv und positiv gestalten.


 

Voraussetzungen und Qualifikationen: Wie werde ich Tagesmutter oder Tagesvater?

Voraussetzungen und Qualifikationen: Wie werde ich Tagesmutter oder Tagesvater?
Das örtliche Jugendamt - oder eine vom Jugendamt beauftragte Beratungsstelle - sollte eine Ihrer ersten Anlaufstellen sein, wenn Sie in der Tagespflege tätig werden möchten. Was das Jugendamt jeweils für Sie tun kann bzw. von Ihnen verlangt, ist sehr unterschiedlich und abhängig von den Richtlinien der einzelnen Bundesländer und Kommunen.

In der Regel sind die Jugendämter für die Vergabe der Pflegeerlaubnis zuständig, führen Qualifizierungsmaßnahmen durch, vermitteln Tagespflegepersonen in Familien bzw. und sind oft auch Vermittlungsstelle zwischen Familien und Tagespflegepersonen.

Um Tagesmutter oder Tagesvater zu werden, brauchen Sie eine pädagogische Qualifikation. Diese können Sie durch einen Kurs zur Kindertagespflege erwerben, der von Jugendämtern oder anderen Trägern angeboten wird. In diesem Kurs lernen Sie alles über die Entwicklung und Betreuung von Kindern. Zusätzlich benötigen Sie ein erweitertes Führungszeugnis und einen Erste-Hilfe-Kurs speziell für Kinder. Wichtig ist auch, dass Ihre Wohnung kindgerecht und sicher ist, was vom Jugendamt überprüft wird. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, können Sie beim Jugendamt eine Pflegeerlaubnis beantragen. Sobald Sie diese in Händen halten, kann Ihre Tagespflegestelle an den Start gehen.

Wichtige Fragen für Ihren Termin beim Jugendamt

  • Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen, um eine Pflegeerlaubnis zu bekommen?
  • Wie viele Tageskinder darf ich mit einer solchen Pflegeerlaubnis aufnehmen?
  • Welche Qualifizierung muss ich nachweisen, gibt es dafür einen vorgegebenen Stundenumfang?
  •  Welche Qualifizierungen werden angeboten und vom Jugendamt anerkannt?
  • Wie hoch ist der Stundensatz bzw. die monatliche Pauschale für die Betreuung?
  • Welche Versicherungen muss ich für mich abschließen (Aufsichtspflichtverletzung-, Unfall-, Haftpflicht-, Krankenversicherung, Rentenversicherung)? Für welche dieser Versicherungen bekomme ich die Kosten ganz oder teilweise erstattet?
  • Muss ich für die Tageskinder Versicherungen abschließen? Wer bezahlt diese Versicherungen?
  • Kann ich ein Tageskind auch ohne Vermittlung durch das Jugendamt aufnehmen? Bekomme ich dafür Beiträge zu Unfall-, Renten- und Krankenversicherung ganz oder teilweise erstattet?
  • In welcher Form muss ich die Entwicklung der Tageskinder dokumentieren, und wer darf diese Dokumentationen einsehen?
  • Was bedeutet der Schutzauftrag § 8a SGB VIII für meine Arbeit?
  • Werde ich vom Jugendamt während meiner Tätigkeit begleitet, findet eine regelmäßige Kommunikation statt?
  • Wer vertritt mich bei Urlaub, Krankheit oder sonstigen Notfallsituationen?

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Finanzielle Aspekte und Fördermöglichkeiten

Wenn Sie eine Pflegeerlaubnis als Tagespflegeperson haben, werden Sie in der Regel
von der Stadt bzw. Kommune gefördert. Das bedeutet, dass Sie pro betreutem Kind einen Stundensatz erhalten. 

Zusätzlich gibt es lokal unterschiedliche Fördersätze für Räumlichkeiten, Vor- und Nachbereitungszeit sowie für die Absicherung durch die hälftige Erstattung der Kranken- und Rentenversicherung. Weiterhin erhalten Tagespflegepersonen oft Zuschüsse für Unfall- und Haftpflichtversicherungen.  

 Tipp

Die genauen Fördersätze und Bedingungen können je nach Kommune variieren. Wir empfehlen Ihnen, sich bei den zuständigen Jugendämtern oder Trägern der Jugendhilfe zu informieren.

 

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Was ist für die Tätigkeit als Tagespflegeperson wichtig?

Sichere Umgebung, bedürfnisorientierte Angebote
Zunächst ist es wichtig, dass Sie eine liebevolle und sichere Umgebung schaffen, in der sich die Kinder wohlfühlen und entfalten können. Eine strukturierte Tagesplanung mit ausgewogenen Ruhe- und Aktivitätsphasen hilft den Kindern, sich zu orientieren und fördert ihre Entwicklung. Seien Sie kreativ bei den Spiel- und Lernangeboten und gehen Sie auf die individuellen Bedürfnisse jedes Kindes ein. 

Individuelle Zuwendung für jedes Kind
Bei den Kindern zählt Einfühlungsvermögen. Jedes Kind ist einzigartig und benötigt individuelle Zuwendung. Geduld und Konsequenz in der Betreuung sind ebenso wichtig, um den Kindern Grenzen zu zeigen und ihnen gleichzeitig genügend Freiraum für ihre Entwicklung zu bieten.

Kommunikation mit den Eltern
Ebenfalls wichtig ist eine gute Kommunikation mit den Eltern. 3 Tipps, um eine partnerschaftliche Beziehung zu den Eltern zu fördern:

  • Seien Sie offen für kurze Gespräche beim Bringen und Abholen (Tür- und Angelgespräche)
  • Informieren Sie die Eltern regelmäßig über den Tag des Kindes und seine Entwicklungsschritte
  • Hören Sie den Eltern zu und nehmen Sie Ihre Sorgen und Wünsche ernst
     

Wie viele Kinder darf eine Kindertagespflegeperson betreuen?

Eine Tagesmutter oder ein Tagesvater darf maximal fünf Kinder betreuen. In einigen Bundesländern können Sie aber auch mit anderen Tagesmüttern und Tagesvätern in einer sogenannten Großtagespflegestelle gemeinsam entsprechend mehr Kinder betreuen.
 

Welche Aktivitäten sind mit Kindern bis 3 Jahren möglich?

Mit Tageskindern zwischen 0 und 3 Jahren sind vielfältige und spannende Aktivitäten möglich:
Sinneserfahrungen: Tasten, fühlen, riechen und schmecken – ob mit Sand, Wasser oder verschiedenen Texturen, Sinneserfahrungen fördern die Entwicklung.
Musik und Tanz: Singen, tanzen und Musikinstrumente ausprobieren macht Spaß und unterstützt die motorische sowie sprachliche Entwicklung.
Kreatives Gestalten: Malen mit Fingerfarben, kneten oder basteln – kreative Aktivitäten fördern die Feinmotorik und Fantasie.
Bewegungsspiele: Krabbeln, laufen, klettern und hüpfen – Bewegung ist wichtig für die körperliche Entwicklung und macht den Kleinen großen Spaß.
Vorlesen und Geschichten erzählen: Bilderbücher anschauen und Geschichten hören fördert die Sprachentwicklung und Konzentration.

Beispiel für einen Tagesablauf mit Kindern zwischen 0 und 3 Jahren 

Ein abwechslungsreicher Tagesablauf für Kinder zwischen 0 und 3 Jahren könnte so aussehen:

  • Ankommen und Begrüßung
  • Morgenkreis
  • gemeinsames Frühstück
  • Freispielzeit/ kreative Aktivitäten/ Bewegungsspiele
  • Mittagessen
  • Mittagsruhe
  • Sinneserfahrungen/ Musik/ Naturerkundung
  • Snack-Zeit
  • Abholzeit

Dieser beispielhafte Tagesablauf bietet den Kleinen eine gute Mischung aus Struktur und Freiraum, um sich wohlzufühlen und sich altersgerecht zu entwickeln.

Wie fördert der pme Familienservice die Qualität der Kindertagespflege?

Die Kindertagespflege ist eine wichtige Säule der Kindertagesbetreuung. Wir beim pme Familienservice setzen uns seit vielen Jahren dafür ein, die Tätigkeit in der Kindertagespflege zu einem anerkannten Beruf zu machen und für Tagespflegepersonen gleiche Bedingungen wie für pädagogische Fachkräfte in Kitas zu schaffen.

Dazu gehört eine leistungsgerechte Bezahlung ebenso wie Vertretungsregelungen im Urlaub und bei Krankheit. Ein weiteres Ziel ist die staatliche Anerkennung des Berufs der Kindertagespflegeperson.  

Welchen Service bietet der pme Familienservice für Tagespflegepersonen?

Wir bieten unseren Betreuungspersonen das ganze Jahr über Fortbildungen zu allen wichtigen Themen und unterstützen sie mit vielfältigen Informationen und persönlicher Beratung.

Sie sind Tagesmutter bzw. Tagesvater und möchten in unseren Vermittlungspool aufgenommen werden? Registrieren Sie sich jetzt kostenlos und unverbindlich unter www.betreuungs.services

Für eine persönliche Beratung durch die Fachberater:innen des pme Familienservice können Sie außerdem unser Kontaktformular nutzen. 

 

null Interview: Wie geht psychologische Sicherheit in Teams?

Porträt Imke Täufer-Krebs, Leiterin Personal- und Organisationsntwicklung
Führung & HR

Psychologische Sicherheit in Teams: Best Practice GMSH

Ein Team, in dem sich alle sicher fühlen, ihre Meinung zu sagen und Fehler offen zugeben können, ist leistungsfähiger. Die Gebäudemanagement Schleswig-Holstein (GMSH) schickte 150 ihrer Führungskräfte zwei Jahre lang in 14 Workshops der pme Akademie, um die psychologische Sicherheit in ihren Teams zu fördern. Interview mit Imke Täufer-Krebs, Leiterin Personal- und Organisationsentwicklung bei GMSH.

Branche: Öffentlicher Dienst
Beschäftigte: ca. 1.700
Gründung: 1999
Standorte: 15 in Schleswig-Holstein

Wer Führungskraft ist oder im Personalmanagement arbeitet, kommt um den Begriff psychologische Sicherheit nicht herum. Denn Teams mit einer hohen psychologischen Sicherheit sind nachweislich erfolgreicher, innovativer und motivierter. Das hat auch die Geschäftsführung der GMSH aus Schleswig-Holstein früh erkannt und ein umfassendes Weiterbildungsprogramm mit dem pme Familienservice ins Leben gerufen.

Zwischen 2018 und 2020 nahmen 150 Führungskräfte aller Ebenen an insgesamt 14 Workshops der pme Akademie teil, die Teil eines Pflichtprogramms waren. Diese Schulung zielte darauf ab, das Wissen der Führungskräfte zu erweitern, um psychologisch sichere Umgebungen in ihren Teams zu schaffen und zu fördern.

Was bedeutet psychologische Sicherheit in Teams?

Psychologische Sicherheit beschreibt ein Arbeitsklima, in dem Teammitglieder das Vertrauen haben, dass sie in ihrer Gruppe Risiken eingehen können, ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen. In einer psychologisch sicheren Umgebung fühlen sich die Beschäftigten ermutigt, ihre Meinung zu äußern und konstruktives Feedback zu geben. Dies fördert nicht nur die individuelle Entwicklung, sondern stärkt auch die Innovationskraft und die Problemlösungsfähigkeit des Teams insgesamt.

 

Wie sich psychologische Sicherheit in Unternehmen umsetzen lässt und worauf es dabei ankommt, weiß Imke Täufer-Krebs. Sie war selbst Teilnehmerin der Workshops und ist Führungskraft in der Personal- und Organisationsentwicklung bei der GMSH.

Frau Täufer-Krebs, wie sorgen Sie in Ihrem Team dafür, dass die psychologische Sicherheit gegeben ist?

Imke Täufer-Krebs: Wir treffen uns zweimal pro Woche persönlich. Insbesondere am Montag nehmen wir uns Zeit, um darüber zu sprechen, wie es jedem von uns gerade geht. Dieser Moment wird auch genutzt, um von Situationen zu berichten, in denen etwas nicht wie geplant verlief oder wo Fehler passierten. Mir ist es wichtig, dass wir eine Verbindung zueinander behalten, auch wenn Fehler passieren. Ich betone immer wieder, dass ich hinter jedem Teammitglied stehe, wenn etwas in guter oder sinnvoller Absicht geschieht - auch wenn mal etwas schiefgeht. Und natürlich bin ich Teil dieser Runde und teile auch selbst Situationen, in denen mir etwas nicht gelungen ist oder ich mich vertan habe.

Ein kurzer Blick zurück: Wie haben Sie die Workshops zur psychologischen Sicherheit in Erinnerung?

Ich habe lange an der Universität Kiel gearbeitet und war daher bereits mit einer Diskurskultur vertraut. Das Training war schon gebucht, als ich zur GMSH kam, und ich freute mich auf die Gespräche darüber, wie wir Fehler als Lerngelegenheiten annehmen könnten. Erstaunt haben mich damals die intensiven Diskussionen darüber, dass vorsätzliche Fehler unbedingt vermieden werden müssen. Das hing natürlich mit der Historie und der Branche zusammen, die mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht so vertraut waren.

Was konnten Sie persönlich aus dem Workshop mitnehmen?

Neben den intensiven Diskussionen habe ich besonders ein spielerisches Element in guter Erinnerung behalten. Dabei wurde sehr deutlich, wie unterschiedlich wir auf die Fehler anderer reagieren und wie sehr wir selbst versuchen, Fehler zu vermeiden. Scham spielt dabei wohl eine große Rolle. Zudem haben wir die Agenda selbst mitgestaltet und am Ende jedes Trainings die Frage gestellt: Brauchen wir so etwas wie Fehler-Leitlinien? Ein eindeutiges Ergebnis gab es dabei natürlich nicht.

Welche nachhaltigen Ergebnisse können Sie sehen?

Dieses Modul war gemeinsam mit zwei weiteren zu Kommunikation & Teamentwicklung und Rollenverständnis der Start in eine wirklich spannende Zeit, die die GMSH seitdem erlebt hat. Vor knapp drei Jahren haben wir im Rahmen eines anstehenden Umzugs mit etwa der Hälfte der Beschäftigten den großen Schritt zum 100 Prozent Desksharing gewagt. Im neuen Gebäude hatten wir weniger Grundfläche, wollten aber aus fünf Dependencen zusammen in ein Haus unter ein Dach ziehen, und es gab eine gute Möglichkeit, dies sehr zentral in Kiel umzusetzen. Wir haben 570 Arbeitsplätze für 800 Mitarbeiter:innen eingerichtet und diese den gesamten Prozess mitgestalten lassen. Natürlich gab es zwischendurch Herausforderungen, aber inzwischen sind über 80 Prozent der Mitarbeitenden mit der neuen Situation zufrieden. Heute machen sich fast alle Unternehmen auf den Weg, Bürofläche einzusparen und Arbeitsplätze zu teilen.
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Was würden Sie heute anders machen, wenn die Workshops nochmal stattfinden würden?

Es war damals ein guter Auftakt. Heute würde man das Präsenztraining sicher mit digitalen Elementen ergänzen, aber grundsätzlich war es stimmig angelegt – mit etwas Input, etwas spielerisch Erlebbarem und viel Raum für reflektierende Gespräche zu konkreten Erlebnissen mit sogenannten Fehlern. Und dann eben der Diskurs zu den Leitlinien. Viel mehr kann man an zwei Tagen wohl nicht erreichen.

Wie würden Sie Ihre Fehler- und Feedbackkultur im Unternehmen nach den Workshops beschreiben?

Also, Fehler-Leitlinien haben wir tatsächlich nie entwickelt oder verabschiedet. Insgesamt sind wir jedoch viel lernbereiter geworden. Das liegt auch daran, dass wir in unseren Unternehmens-Leitplanken festgelegt haben, dass unsere Teams "fachkundig und zuverlässig, aber gleichermaßen innovativ und experimentierfreudig sind. Sie sind bereit, Neues zu wagen und verstehen Fehler als Ansporn zum Lernen.“

Wir nehmen proaktiv wichtige Zukunftsthemen in Angriff und sind ein anerkanntes Kompetenzzentrum in Schleswig-Holstein für Digitalisierung, Klimaschutz im öffentlichen Bauwesen und nachhaltige Beschaffung. Ein breites Portfolio an Personal- und Organisationsentwicklung, das direkt von der Geschäftsführung beauftragt wird, fördert diese Transformation unseres öffentlichen Unternehmens immer wieder. Zum Beispiel haben wir mittlerweile ein Team für Design Thinking etabliert - sogenannte DT-Coaches, die man anfragen kann, wenn man neue Ideen entwickeln möchte. Das dort erlebte Mindset wirkt sich natürlich positiv auf den Arbeitsalltag aus. Immer öfter darf die Person, die die Kompetenz für etwas hat, die Verantwortung tragen, und nicht automatisch die Führungskraft.

Welche Art der Führung und welche Kompetenzen erfordert es, psychologische Sicherheit in Teams zu schaffen?

Ich habe bereits das Thema Scham angesprochen, ein Gefühl, das wir alle mehr oder weniger kennen. Ist es sehr stark ausgeprägt, lässt es uns erstarren und führt oft dazu, dass wir uns auf Dienst nach Vorschrift beschränken. Ist es hingegen kaum vorhanden, geht das Sicherheitsgefühl bei allen verloren.

Eine Führungskraft ist immer ein Vorbild und sollte sich dessen bewusst sein. Sie muss sicherlich vorausgehen und als Erste darüber sprechen, wie sie eigene Fehler erlebt, was sie daraus gelernt hat, und dazu ermutigen, dass im Team über Fehler gesprochen wird.

Ich persönlich bin nicht so ein Fan von den sogenannten "FuckUp Nights". Man muss Fehler nicht unbedingt feiern, aber auf alle Fälle darüber sprechen, was Gutes daraus hervorgegangen ist.

Wie gehen Sie mit negativem Feedback um?  Und worauf legen Sie Wert, wenn Sie selbst Feedback geben?

Was ist negatives Feedback? Ich gebe Feedback nur, wenn mich jemand gezielt danach fragt. Dann schildere ich mein eigenes Erleben und weise auch darauf hin, dass es nur meine eigene Wahrnehmung ist. Die Person kann selbst entscheiden, was sie davon annehmen möchte und was nicht.

Wenn ich etwas anspreche, das anders sein soll oder wozu ich eine andere Auffassung habe, dann benenne ich es klar. Mein Fokus liegt generell mehr auf der Entfaltung des Potenzials. Ich überlege immer – und frage das auch regelmäßig: "Was brauchst du von mir, um gut arbeiten zu können bzw. deine Aufgabe zu erledigen?". In meinem Team gibt es so viele gute Ideen, dass ich gar nicht allein darauf komme. Und ich bin ja auch nicht unfehlbar. Ich berichte von meinen Terminen und reflektiere mit meinem Team das, was ich erlebe.

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Wo sehen Sie aus Ihrer Erfahrung die größten Herausforderungen? Wie gehen Sie diese Herausforderungen an?

Derzeit wird das Weltgeschehen von Krisen und Disruption geprägt, gefolgt von Abgrenzung und Angst. Doch in diesem Modus lernen wir nicht. Dafür brauchen wir sichere Räume, sowohl physisch als auch virtuell. Wir sind in der Lage, viel mehr zu erreichen, wenn wir miteinander verbunden sind und begreifen, dass wir gemeinsam handeln müssen. Es ist besonders wichtig, dieses Bewusstsein immer wieder zu aktualisieren.

Haben Sie einen Rat oder ein Learning, dass Sie anderen mit auf den Weg geben möchten?

Gerne. Wo die Aufmerksamkeit hingeht, fließt Energie, und wo Energie fließt, wächst Leben. Oder: Überlege gut, welchen Wolf du füttern möchtest, denn dieser wird stärker – den, der Angst macht, oder den, der Liebe gibt? Es sind recht einfache Bilder, aber sie helfen in fast jeder Alltagssituation, schnell zu entscheiden, wie ich mich nachhaltig besser verhalte.

Vielen Dank für das Interview!
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Über Imke Täufer-Krebs

Imke Täufer-Krebs arbeitet sei 2017 bei der GMSH und leitet das Personal- und Organisationsentwicklung und das Kompetenz-Team Neues Arbeiten. Sie ist Diplom-Psychologin und systemisch-integrativer Coach.

Über GMSH

Die Gebäudemanagement Schleswig-Holstein AöR (GMSH) ist der zentrale Dienstleister für öffentliches Bauen, Bewirtschaften und Beschaffen in Schleswig-Holstein. Jährlich bringt sie mehr als 800 Millionen Euro an den Markt. Mit ihren rund 1.700 Beschäftigten ist sie eines der größeren Unternehmen in Schleswig-Holstein.

Aktuell sind die beiden Themen Klimaschutz und Digitalisierung die wichtigsten Treiber für die kontinuierliche Weiterentwicklung ihrer Geschäftsfelder – vor allem da, wo sie Synergien bilden können. Mit einem ganzheitlichen Umgang mit Landesgebäuden im Lebenszyklus und mit diversen Initiativen von E-Mobilität bis Photovoltaik unterstützt die GMSH das Land Schleswig-Holstein bei der Umsetzung seiner Klimaschutzstrategie. Um diese Ziele zu erreichen, arbeitet sie in interdisziplinären Teams und hat eine moderne Arbeitswelt mit mobilem Arbeiten und Desksharing eingeführt.

Weitere Informationen finden Sie unter: www.gmsh.de