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Zwei Toastscheiben mit der Aufschrift
Psyche

"Die Kunst ist der Umgang mit dem Aufwachen!"

Müde bin ich, geh’ zur Ruh! Für viele ist das gar nicht so einfach. Jeder Dritte in Deutschland leidet laut einer Studie unter Schlafstörungen. Doch wo liegen die Ursachen und was hilft dagegen? Wir haben mit Mandy Simon gesprochen, Diplom-Psychologin und systemischer Coach.

Guten Morgen, Frau Simon. Wie haben Sie gestern Nacht geschlafen?

Mandy Simon: Insgesamt gut. Der gestrige Tag war sehr lang und hat viel in mir bewegt. Aber mein Lieblingspodcast hat mich recht schnell auf Schlaftemperatur gebracht, so dass ich dann gut zur Ruhe gefunden habe.

Warum nehmen Schlafstörungen in Deutschland von Jahr zu Jahr zu? Kann man bestimmte Ursachen festmachen oder ist das von Fall zu Fall verschieden?

Wir stellen in unseren Beratungen fest, dass die Menschen in den letzten Jahren gestresster sind. Arbeitsverdichtung, ständige Erreichbarkeit, aber auch die hohen Ansprüche an sich selbst, lassen viele Menschen buchstäblich nicht in den Schlaf finden. Das Abschalten fällt da so manchem schwer. Eine große Rolle spielt aber auch die Schlafhygiene, das heißt, wie gestalte ich mein Zubettgehen? Wer bis fünf Minuten vor dem Einschlafen noch mit dem Smartphone Mails und seine Social Media-Kanäle checkt, verringert seine Chancen gut zu schlafen erheblich.

Lange brauchen um einzuschlafen, immer wieder nachts aufwachen, zu früh aufwachen, Restless Leg: Schlaflosigkeit hat viele Gesichter. Ab wann handelt es sich um eine Schlafstörung? 

Der Mensch ist keine Maschine und es ist nach einem anstrengenden Tag oder auch in einer stressigen Arbeitsphase völlig normal, wenn die Schlafqualität mal nicht so gut ist. Das Hirn verarbeitet ja im Schlaf die Erlebnisse des Tages. Kritisch wird es, wenn der Schlaf über längere Zeit leidet.

Als Faustregel gilt: Wenn mindestens dreimal in der Woche über einen Zeitraum von mindestens einem Monat das Ein-und Durchschlafen gestört ist, einen deutlichen Leidensdruck verursacht und/oder sich störend auf unsere alltägliche Funktionsfähigkeit auswirkt und wir tagsüber schlicht und ergreifend nur noch gerädert sind, dann spricht man von einer Schlafstörung. Inwiefern da körperliche Ursachen eine Rolle spielen, sollte dann ärztlich abgeklärt werden.

Ob Schule oder Büro: Sind unsere Arbeitszeiten einfach zu früh? Haben viele Menschen Probleme mit dem Schlaf, weil sie einen Wach- und Schlafrhythmus haben, der dem System nicht entspricht?

Ja, das kann durchaus eine Ursache sein. Die Menschen sind ja nicht alle gleich. Manche Menschen können gut früh aufstehen, die sogenannten Lerchen. Diese Typen sind abends aber auch schneller müde. Die Eulen unter uns, also die Spät-ins-Bettgeher, tun sich mit dem frühen Aufstehen eher schwer, können aber häufig noch bis spätabends gut aktiv sein.

Studien haben gezeigt, dass gerade die Schule bei uns generell zu früh beginnt und die Aufnahmefähigkeit negativ beeinflusst wird. In Sachsen ist es durchaus üblich, dass die erste Stunde schon um 7:20 Uhr beginnt. Nicht nur für „Eulen-Kinder“ ist das ein ziemlicher Stress am frühen Morgen.

Was passiert, wenn ich lange Zeit schlecht schlafe: körperlich und psychisch?

Der Körper kommt einfach nicht mehr zur Ruhe und wichtige Regenerationsprozesse können sowohl psychisch als auch auf der körperlichen Ebene nicht mehr abgeschlossen werden. Aus dem ab und an mal „gerädert“ sein nach einer schlechten Nacht wird ein Dauerzustand, der zu Konzentrationsproblemen führen kann – im schlechtesten Falle sogar zu Unfällen im Verkehr oder im Betrieb. Zusätzlich steigt das Aggressionspotenzial, weil einfach die wichtige Erholung aus der Nacht dauerhaft fehlt.

Was macht einen guten Schlaf überhaupt aus?

Guter Schlaf ist nicht dadurch gekennzeichnet, dass ich jeden Abend zu Bett gehe und dann bitteschön acht Stunden selig durchschlummere, ohne wach zu werden. Jeder Mensch hat unterschiedliche Bedürfnisse. Der eine braucht sechs Stunden und der andere acht Stunden, um morgens erholt zu sein.

Auch ist das nächtliche Erwachen in unserer Evolution durchaus gewollt gewesen, schließlich haben unsere Vorfahren dann immer nochmal geguckt, ob in der Sippe noch alles in Ordnung ist. Die Kunst ist der Umgang mit dem Aufwachen. Man sollte sich dann keinen zu großen Druck machen, gleich wieder einschlafen zu müssen. Guter Schlaf ist der, der mich an meine Arbeit gehen lässt, ohne dass ich noch in der Straßenbahn oder auf dem Fahrrad das Gefühl habe, ich muss unbedingt wieder zurück ins Bett will, weil ich so müde bin.

Haben Sie einen Tipp, wie man wieder zu einem gesunden Schlaf finden kann?

Prüfen Sie genau wie Sie zu Bett gehen. Haben Sie ein Schlafritual und tut Ihnen dieses auch wirklich gut? Stichwort TV und Smartphonenutzung. Führen Sie ein Schlaftagebuch. Darin halten Sie zum Beispiel fest, wann Sie zu Bett gegangen sind wie Sie sich dabei gefühlt haben. So manche Schlafstörung entpuppt sich als Schlafhygieneproblem. Auch das Aufschreiben der Dinge für den nächsten Tag kann helfen, diese loszulassen und besser in den Schlaf zu finden.

Schlaftagebuch zum kostenfreien Download

Ein Schlaftagebuch finden Sie hier: Charité Schlaftagebuch

 

Mandy Simon ist Diplom-Psychologin und systemischer Coach in Organisationsentwicklung. Außerdem ist sie zertifizierte Online-Beraterin. Als Fachberaterin unterstützt sie Führungskräfte und Beschäftigte gleichermaßen, sowohl in akuten Überlastungssituationen als auch in der Burnout-Prävention. Beim pme Familienservice arbeitet sie schon seit 2008.

 

 

 

 

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