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Resiliente Teams: Stark in Krisen

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Asset-Herausgeber

29.01.2018
Isabel Hempel
4663

Das Stichwort Resilienz ist in aller Munde. Nicht zuletzt weil die Reporte der Krankenkassen immer signifikanter zeigen, dass die psychische Belastung im Job zunimmt. Ella Gabriele Amann arbeitet seit Anfang der 1990er Jahre zu den Themen Resilienz und Agilität. Im Interview erklärt die Begründerin des ResilienzForums, wieso resiliente Teamstrukturen heute so wichtig wie nie zuvor für Unternehmen sind und warum Menschen von Natur aus starke Krisenmanager sind.

Was macht ein Team unschlagbar in einer Krisensituation? Resiliente Teams sind hochflexibel, reagieren schnell und nutzen die Stärken aller Teammitglieder.

Work-Life-Blog: Was bedeutet Team-Resilienz?


Ella Gabriele Amann: Resilienz steht für die Fähigkeit von Führungskräften und deren Teams, sich in Anbetracht von Belastungen, Veränderungsprozessen und Krisen kontinuierlich an neue Erfordernisse anzupassen und situationsangemessen zu handeln.
 

Ging es früher für Teams eher darum, ökonomische Prozesse zu optimieren, z. B. Produktionsabläufe immer mehr zu verschlanken, effektiver und effizienter zu werden, sind in der Dienstleistungsgesellschaft auch andere Skills gefragt.
 

Denn überall dort, wo es im Unternehmen nicht nur um maschinelle Abläufe geht, sondern vor allem um die Erbringung von Dienstleistungen, das Ankurbeln von Innovation oder das Abfedern von Krisen, geht es noch stärker als früher um Kooperation, Ko-Kreation und Kommunikation.  

 

WLB: Warum ist das Thema gerade so aktuell?


Ella Gabriele Amann: Ich selbst arbeite seit Mitte der 1990er Jahre zu den Themen Agilität und Resilienz. Damals waren die Begriffe allerdings noch nicht so eingeführt wie heute. Man sprach eher vom Umgang mit unvorhergesehenen Veränderungen, Change- und Krisen-Management.

Doch es ging auch schon Mitte der 1990er Jahre um die Frage, wie Mitarbeiter mit immer rascheren Change-Prozessen und mit der Einführung neuer Technologie klarkommen. Die Zunahme an psychischen Belastungen wurde allerdings erst zu Beginn der 2000er Jahre so signifikant, dass die ersten Unternehmen begannen, sich über Themen wie Stress- und Burnout-Prophylaxe Gedanken zu machen.


Mit den Terroranschlägen am 11. September 2001 wurde das Thema Resilienz schließlich auch in der Wirtschaft salonfähig.


Untersuchungen zeigten, dass jene Unternehmen die wenigsten Opfer und Folgeschäden aufwiesen, die in Terrorprävention und redundante Systeme (z. B. IT-Back-ups) investiert hatten. Sie waren nach dem Anschlag schneller in der Lage, sich von der Krise zu erholen, waren flexibler und damit anpassungsfähiger und am Ende auch stabiler als andere Unternehmen.  
 

WLB: Was genau ist eine Krise?
 

Ella Gabriele Amann: Eine Krise stellt sich häufig ein, wenn wir mit Umständen konfrontiert werden, mit denen wir nicht gerechnet haben. Ein Ansatz ist daher: Rechne mit dem Unberechenbaren. Die Organisationsforscher Karl E. Weick und Kathleen M. Sutcliffe veröffentlichten ebenfalls 2001 ihr Buch „Managing the Unexpected: Resilient Performance in an Age of Uncertainty“. Sie untersuchten die Merkmale von Teams, die tagtäglich mit potenziellen Krisensituationen umgehen müssen, wie z. B. Feuerwehrleute oder Mitarbeiter von Atomkraftwerken.
 

Resiliente Teams zeigen im Umgang mit kritischen und unerwarteten Situationen eine hohe Flexibilität und Reaktionsbereitschaft und nutzen die Stärken aller Teammitglieder.


Das bedeutet auch, dass im Zweifel der Mitarbeiter vor Ort über den nächsten Schritt entscheidet und nicht der Vorgesetzte, der häufig gar nicht unmittelbar am Krisengeschehen dran ist. Eine wichtige Erkenntnis ist also, dass es heute im Umgang mit Krisen weniger auf die Stressresistenz eines Teams ankommt, sondern auf seine Resilienz.

 


WLB: Was ist der Unterschied zwischen Stressresistenz und Resilienz?

Ella Gabriele Amann: Beide Begriffe stehen für die Widerstandskraft eines Systems, doch sie stehen für unterschiedliche Strategien. Wenn ein Team resistent gegen Stress ist, dann ist das Team quasi unempfindlich gegenüber Stress. Die Stressbelastungen sind da, aber das Team wird davon nicht berührt und in Mitleidenschaft gezogen. Hierzu ein einfaches Beispiel:
 

Ein Team ist völlig unerwartet ein Jahr lang einem unerträglichen Lärm und damit ständigen Ablenkungen durch eine neue Baustelle auf der gegenüberliegenden Straßenseite ausgesetzt.
 

Das Team reagiert auf diesen potenziellen Stress jedoch nur unwesentlich, weil beim Bau des eigenen Bürogebäudes darauf geachtet wurde, dass Fenster eingebaut werden, die in der Lage sind, potenziellen Lärm von außen weitestgehend abzuschirmen. Das ist eine gute Stressprophylaxe. Sie führt auch dazu, dass das Team im Winter vor Kälte geschützt ist. Zudem sorgt eine Klimaanlage das ganze Jahr über für angemessene Temperaturen, in denen es sich gut arbeiten lässt.


Schauen wir hingegen auf das Bürogebäude nebenan. Dort arbeiten die Mitarbeiter in einem sehr schönen Altbau. Es gibt große Räume und Stuck an den Decken, doch leider auch noch die alten Fenster, die eine Menge von dem Baulärm durchlassen. Außerdem gibt es keine Klimaanlage, und das heißt vor allem im Frühjahr und Sommer, dass bei offenem Fenster nicht produktiv gearbeitet werden kann. Es ist einfach zu laut.

Stressresistenz gegen Lärm zu entwickeln, ist für den Menschen eine fast nicht lösbare Herausforderung – denn die Ohren sind quasi immer aktiv und lassen sich nicht einfach rauf oder runter regeln. Die Folge: Schon nach wenigen Wochen Baulärm liegen die Nerven der Mitarbeiter blank. Die Produktivität geht zurück, und die gesamte Team-Resilienz ist gefordert.
 

Was wäre also ein resilientes Vorgehen? Führungskraft und Team setzen sich zusammen und ermitteln zunächst die genaue Belastungssituation für jeden Einzelnen im Team.

Wer im Team reagiert besonders empfindlich, wer kommt besser mit dem Lärm klar? Welche Ideen gibt es, angemessen mit der Belastung umzugehen? Hier gibt es keine „Eine Lösung für alle"-Strategie, denn z. B. der Einbau neuer Fenster kommt nicht in Betracht. Das Team muss nun für die Zeit der Bauarbeiten eine hohe Flexibilität und Adaptionsfähigkeit zeigen, zugleich muss es dafür sorgen, dass die Arbeitsprozesse stabil weiterlaufen.

Das Ergebnis könnte sein: Einige Mitarbeiter tauschen die Büros. Die lärmempfindlichen ziehen in die Büros, die nach hinten rausgehen, die anderen ziehen für die Zeit der Bauarbeiten nach vorne. Es werden für ein Jahr zwei Meeting-Räume im gut isolierten Gebäude nebenan stundenweise mitgenutzt.

Zudem wird einigen Mitarbeitern erlaubt, tageweise von zu Hause aus zu arbeiten. Für die Mitarbeiter in den Büros, die besonders stark vom Lärm betroffen sind, werden zusätzlich Kopfhörer mit Noice-Canceler-Funktion angeschafft etc.
 

Resiliente Teams reagieren also sensibel und individuell auf Stressbelastungen. Eine gute Feedback- und Fehlerkultur spielt hier eine große Rolle.
 

Schwachstellen werden gut kommuniziert, und man lernt sie kreativ und durch verschiedene Strategien auszugleichen. Dabei ist das gesamte Team für die Entwicklung von Lösungen gefragt – nicht mehr nur die Führungskraft.

 

WLB: Wie kann man resiliente Teamstrukturen im Unternehmen aufbauen?
 

Ella Gabriele Amann: Resilienz steht für ein Mindset, welches sich durch andere Haltungen und Prinzipien auszeichnet als Stressresistenz. Resiliente Teams arbeiten weniger stark hierarchisch. Aufgaben werden eher situativ und auf der Basis individueller Talente, Stärken und Begabungen verteilt. Zielsetzungen werden häufiger an die sich verändernden Rahmenbedingungen abgepasst.
 

Im Falle eines akuten Konflikts oder einer Krise gelten zudem andere Regeln. Die Frage ist dann nicht mehr: „Was meint der Chef dazu?“,


sondern: „Wer hat am meisten Ahnung von der Sache und kann zur Problemlösung am leichtesten etwas beitragen?“. Und das kann, je nach Situation, auch mal der Praktikant sein.
Bei der resilienten Teamarbeit sind Rollen und Funktionen wichtiger als Organigramme und im Vorfeld festgelegte Kompetenzfelder. Denn im Umgang mit dem Unvorhergesehenen und mit Krisen weiß man nie, welche Kompetenzen wirklich gefragt sind. Die Rollen und Funktionen können je nach Projektphase auch wechseln und immer wieder anderen Personen im Team zugewiesen werden.


Vor allem werden Fehler in diesem Mindset nicht als Störfaktoren bewertet, sondern stets als normal und als hilfreich angesehen – Fehler sind die Quellen für gemeinsame Lern- und Innovationsprozesse.

Doch das hört sich alles leichter an, als es klingt. In der Praxis ist Resilienz als Modell für eine krisenbelastbare und auch agile Teamarbeit ein großes Lernfeld.

 

WLB: Inwieweit zahlt es sich für Unternehmen aus, hier zu investieren?
 

Ella Gabriele Amann: Resilienz als Haltung führt zu einem besseren Krisenmanagement, langfristig zu weniger Konflikten, zu einer besseren Arbeitsverteilung, zu weniger Stressoren und Krankheitsfällen. Talente werden stärker gefördert, Mitarbeiterzufriedenheit führt zu weniger Fluktuation, Wissen und Erfahrung bleibt länger im Unternehmen, und die Innovationskraft steigt. Es kommt auch zu weniger Verschleiß von Ressourcen und Produktionsmitteln – das alles zahlt hier positiv ein.



WLB: Welche Rolle kann der pme Familienservice bei der Umsetzung von Resilienzstrategien spielen?
 

Ella Gabriele Amann: Aus meiner Sicht ist pme für diese Kultur des Arbeitens bereits stark sensibilsiert. Nicht zuletzt kann pme auf entsprechende Auszeichnungen als Arbeitgeber verweisen. Auch sind die Mitarbeiter von pme speziell zum Thema Resilienz ausgebildet und haben damit einen großen Wissensvorteil gegenüber anderen Anbietern. Einen großen Mehrwert sehe ich auch darin, dass pme in seinem Portfolio die großen Zusammenhänge zwischen Familie, Erziehung und Business herstellen kann.
 

pme ist mit seinen Beratungsleistungen breit aufgestellt und verzahnt viele einzelne Bereiche, die zum Transformationsprozess in Richtung resilientes Unternehmen beitragen können.
 

Blicken wir auf die Resilienz einer Führungskraft und eines Teams und auf jeden einzelnen Mitarbeiter, dürfen wir nicht nur das Unternehmen im Blick haben. Auch die Resilienz der Familie spielt eine große Rolle. So wirken z. B. Krankheit, Konflikte oder Pflegefälle in der Familie auf die Arbeit und umgekehrt. pme ist mit seinen Beratungsleistungen breit aufgestellt und verzahnt viele einzelne Bereiche, die zum Transformationsprozess in Richtung resilientes Unternehmen beitragen können – für mich also ein optimaler Partner, diesen Prozess anzugehen und langfristig zu begleiten.


Ella Gabriele Amann ist Mitbegründerin und Leiterin des ResilienzForum. Die Resilienz- und Agilitäts-Expertin ist Entwicklerin des Resilienz-Zirkel-Trainings nach dem Bambus-Prinzip® und Mitentwicklerin des SIZE Prozess Resilienz-Kompetenz-Proflis. Sie ist Vorstandsmitglied im internationalen Resilienzverband ores und leitet dort die Fachgruppe „Resilienz-Weiterbildung und Qualitätssicherung“.

www.gabriele-amann.de
www.ores.online
http://resilienzforum.com/

 

 

 

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