Interview Präsentismus

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Präsentismus-Prävention bei der Siemens AG

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Asset-Herausgeber

18.10.2016
Gabriele Strasser
6109

Interview mit Dr. Ulrich Birner, Leiter des Fachreferats ‘Psychosocial Health and Well-being’ bei Human Resources, Siemens AG

Herr Dr. Birner, nationale und internationale Studien zum Thema Präsentismus betonen die Wichtigkeit der betrieblichen Prävention im Rahmen eines integrierten Gesundheitskonzeptes. Auch die Siemens AG berücksichtigt diesen Aspekt. Wie sieht Ihr Konzept genau aus?

Ulrich Birner: Das Betriebliche Gesundheitsmanagement der Siemens AG basiert global auf einem Health Management System, das bis 2020 verbindlich eingeführt wird. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es den medizinischen Arbeitsschutz und die Gesundheitsförderung miteinander verbindet und integriert. Die freiwilligen Gesundheitsleistungen des Unternehmens werden damit auf eine vergleichbare systematische Managementbasis gestellt wie die gesetzlich geforderten. Gleichzeitig haben die einzelnen Organisationseinheiten weltweit größtmögliche Freiheit in der inhaltlichen Ausgestaltung der Gesundheitsmaßnahmen.

Welche Bedeutung hat in Ihrem Konzept die Prävention?

Ulrich Birner: Die Prävention ist DAS zentrale Element im Betrieblichen Gesundheitsmanagement. Und wenn laut Forschung das Phänomen des Präsentismus zwei- bis dreimal so häufig beobachtet wird wie das des Absentismus, macht das den Handlungsbedarf deutlich. Große Studien geben hier Orientierung und Handlungsrahmen.

Sie adressieren in Ihrem Betrieblichen Gesundheitsmanagement besonders die Führungskräfte. Warum?

Ulrich Birner: 114.000 Mitarbeiter bundesweit sind nur mit großem Aufwand für individuelle Präventionsmaßnahmen zu erreichen. Daher müssen Führungskräfte als Multiplikatoren involviert werden, damit sie aus ihrer Rolle der Mitarbeiter-Fürsorge heraus handeln können. Die Siemens AG hat daher den Schwerpunkt vieler BGM-Maßnahmen auf die Führung gesetzt.

Sind Führungskräfte in ihrer „Sandwich-Position“ nicht selbst  in der Zwickmühle und darüber hinaus zu eingespannt, um sich der Prävention von Präsentismus nachhaltig zu widmen?

Ulrich Birner: Ja und nein. Der Einbezug der Führungskräfte ist absolut zentral, um nachhaltig zu arbeiten. Gleichzeitig kann man nur mit geringen Aufmerksamkeitsspannen agieren, eben weil die Führungskräfte extrem eingespannt sind. Es gibt hier tatsächlich eine paradoxe Situation: Wenn beispielsweise im Team plötzlich Schlüsselpersonen ausfallen, ist das Problembewusstsein vorhanden, die Ressourcen zur Prävention sind aber oft sehr knapp.  Die Herausforderung an ein Betriebliches Gesundheitsmanagement liegt auf der Hand: alle Interventionen müssen sehr präzise auf die Möglichkeiten und Bedürfnisse der Zielgruppe Führungskräfte abgestimmt sein, damit sie wirksam sind.

Wie gestalten Sie diese Interventionen?

Ulrich Birner: Hier gehen wir auch neue Wege über ein E-Learning-Konzept im Bereich des Serious Gaming, das demnächst als Kampagne weltweit zur Verfügung stehen wird: Die Führungskraft hat in simulierten Interaktionssituationen die Möglichkeit, die Gesprächsführung mit „Mitarbeitern“ mit unterschiedlichem Leistungs- und Sozialverhalten  zu üben. Dieses Simulieren im geschützten virtuellen Lernraum dient der Destigmatisierung eines wichtigen betrieblichen Themas und der Qualifizierung von Führungskräften gleichermaßen.

Wie sollen Führungskräfte ihre Beobachtungen denn ansprechen?

Ulrich Birner: Wir haben festgestellt, dass große Barrieren bei allen, auch bei den Führungskräften bestehen, Verhaltensänderungen anzusprechen. Selbst wenn die Beobachtung gemacht wird, dass jemand mit verändertem Sozialverhalten oder eingeschränkter Leistung bei der Arbeit erscheint, gibt es eine Unsicherheit, ob wie die Person angesprochen werden kann. Da nutzen wir die Grundformel „Achtet generell auf VERÄNDERUNG: Im Leistungsverhalten, im Sozialverhalten und in der Selbststeuerung Eurer Mitarbeiter.“

Jede Veränderung sollte Grund sein, Mitarbeiter anzusprechen im Sinne der Fürsorgepflicht. Denn entweder kann so die Sorge durch eine Erklärung des Mitarbeiters ausgeräumt werden und/oder er nimmt das Unterstützungsangebot an und es kann nach Lösungen gesucht werden. Wenn sich der Mitarbeiter verschließt, dann habe ich als Führungskraft mit dem Gesprächsangebot Fürsorge signalisiert und muss die Privatsphäre respektieren.

Macht gute Führung gesund, zum Beispiel im Rahmen eines Wiedereingliederungsprozesses?

Ulrich Birner: Es gibt bei der Wiedereingliederung einen ganz klaren Trend in den Gesundheitswissenschaften: die stufenweise Eingliederung, die dem Kontinuum „gesund-krank“ gerecht wird. Das halte ich für sehr richtungsweisend. Denn Arbeit ist ein salutogener Faktor. Studien belegen,  dass Lernen, Entwicklung und soziale Teilhabe wesentlich für die Prävention etwa von Burn-Out und Depression sind. Das bedeutet im Umkehrschluss: Lange Krankheit hält von wichtigen salutogenen Faktoren fern!

Hält gute Führung gesund?

Ulrich Birner: Ja – wenn sie aufmerksam ist, anspricht, Lösungen schafft und idealerweise selber als Vorbild für Gesundheitsverhalten agiert. Die originäre Prävention, nämlich Gesundheit im betrieblichen Kontext zu fördern und nicht nur Krankheit zu vermeiden, ist ein weites Feld, auf dem noch viel zu tun sein wird. Und zu dem wir noch einigen Erkenntnisgewinn benötigen.

Wo endet die Führungsverantwortung, wo beginnt die Selbstverantwortung?

Ulrich Birner: Hierzu gibt es bei der Siemens AG einen klaren Kernsatz: Die Eigenverantwortung der Mitarbeitenden für ihre Gesundheit bleibt unberührt. Wir können nur Unterstützung bieten, diese Eigenverantwortung wahrzunehmen, das heißt, die Mitarbeitenden ermuntern und befähigen, ihre eigene Gesundheitskompetenz zu stärken.

Das Betriebliche Gesundheitsmanagement hat dabei im Kern zwei Handlungsfelder: die Gestaltung einer gesundheitsförderlichen Arbeitsumgebung ‚für alle‘ und die Stärkung der individuellen Gesundheitskompetenz.

Wie würden Sie den folgenden Satz vervollständigen? Wenn man es ernst meint mit der Stärkung der Gesundheitskompetenz...

Ulrich Birner: ... dann kann es auch passieren, dass Fehlzeiten vorübergehend steigen, weil die Mitarbeiter Symptome ernster nehmen und mehr Wert auf Gesundung legen. D.h., eine gute und erfolgreiche gesundheitliche Aufklärung kann kurzfristig paradoxe Effekte hervorrufen. Langfristig heißt das aber: Wir sind auf einem guten Weg.

 

Probehandeln im geschützten Raum:

Pilotprojekt zu Mitarbeitergesprächen im virtuellen Kanal

Ein Pilotprojekt der Siemens AG sensibilisiert und trainiert Führungskräfte mit einem Serious Game für das Ansprechen von beobachteten Veränderungen: im Sozialverhalten und Leistungsverhalten oder in der Selbststeuerung. Parallel wird Grundlagenwissen vermittelt zum Thema Gesundheitsprävention, Präsentismus sowie lösungsorientierter Gesprächsführung. Das Projekt ist derzeit pilotiert in England und soll weltweit im Rahmen von Kampagnen zur psychischen Gesundheit bei der Arbeit eingesetzt werden. Diese umfassen auch bewusstseinsbildende Maßnahmen. Das oberste Management lädt zu diesem Training ein und es werden Formate des persönlichen Austauschs der Führungskräfte untereinander angeboten. Wichtigstes Ziel: Veränderungen werden so angesprochen, dass sie nachhaltig den Kanal für konstruktive Lösungen öffnen.

 

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