"Ich kšnnte schreien!": Mit Wut angemessen umgehen

Lebenslagen-Coach Matthias Kšnning gibt Tipps, wie Sie mit Wut und €rger konstruktiv umgehen kšnnen.

Sie spźren diese Wut im Bauch. Dieses Gemisch aus Fassungslosigkeit, €rger und Resignation. Eigentlich mšchten Sie schreien. Was Sie stattdessen ausprobieren kšnnen, erklŠrt Ihnen unser Lebenslagen-Coach Matthias Kšnning.

Kennen Sie das? Sie befinden sich im Home-Office und konzentrieren sich auf Ihre Arbeit. Sie fźhren ein wichtiges berufliches Telefonat, und im Hintergrund hšren Sie, wie die Kinder sich zanken oder lautstark ăDarf ich was Sź§es?Ň rufen.

Dabei sind Sie schon frźh aufgestanden und haben den Haushalt erledigt, die Kinder versorgt, die kranken Eltern angerufen und fźr diverse Familienmitglieder einen Termin vereinbart. Sie hatten gehofft, dass Sie jetzt in Ruhe arbeiten kšnnen, und wissen innerlich doch, dass das wahrscheinlich wieder einmal nicht klappen wird.

Sie spźren, wie es brodelt!

Sie spźren, wie in Ihrem Kšrper der Vulkan brodelt und dass Sie beim ersten Schrei Ihres Kindes nicht mehr an sich halten kšnnen. Und weil Sie eine fźrsorgliche und gute Mutter sind, rufen Sie dann etwas ăMild-ŠrgerlichesŇ wie: ăWas habe ich euch gesagt? Worum habe ich euch gebeten?Ň. Aber eigentlich kšnnten Sie schreien. Sie spźren diese Wut im Bauch, dieses Gemisch aus Fassungslosigkeit, €rger und Resignation. Sie kšnnten schreien und rei§en sich trotzdem zusammen. Und dann verurteilen Sie sich vielleicht auch noch dafźr. Sie mšchten ja schlie§lich immer und źberall professionell sein. Und nun? Mššchten Sie mit mir einmal nŠher hinschauen?

Sie sind noch lebendig!

Solange Sie Wut und €rger spźren, sind Sie noch lebendig Đ und das ist gut so. Da spźren Sie in sich eine ordentliche Portion Leben. Es gibt berechtigte, gute Grźnde fźr Ihren €rger. Sie wollen Lšsungen. Sie packen an! Da ist eine Menge Potenzial in Ihnen, und das ist gro§artig. Das dźrfen Sie positiv wźrdigen und wertschŠtzen.

Der €rger ruft nach VerŠnderung

Wenn Sie sich Šrgern, ist das zunŠchst nur ein Ausdruck dafźr, dass Sie gerade nicht einverstanden sind mit dem, was ablŠuft. Sie hŠtten es gerne anders. So, dass es fźr Sie passt. Sie spźren zum Beispiel Ihr Bedźrfnis nach Ordnung, Struktur, Akzeptanz, Kontrolle oder was auch immer. Sie lernen sich kennen als ein Mensch mit Grenzen. Sie sind weder ein Roboter noch ein Supermensch. Sie sind ein verletzbares Wesen und haben všllig zu Recht eigene Bedźrfnisse und Wźnsche. Wenn der €rger massiv auftaucht, dźrfen Sie auf die innere Stimme hšren, die sagt: ăMach etwas anders! Lass dir das nicht gefallen! Du hast auch Rechte!Ň. Wenn Sie dieses Bedźrfnis nach mehr Freiraum spźren, kšnnen Sie es sich erst einmal eingestehen. Eigene Wźnsche dźrfen sein und brauchen Platz. Unbedingt!

Die erste Reaktion

Haben Sie sich schon mal so richtig Luft und Raum verschafft mit Ihrer Stimme? Herausgeschrien, was Sie alles nervt? Gro§artig, wenn Sie das kšnnen! Suchen Sie sich ein Gegenźber, das Ihren €rger gerne fźr eine Weile aushŠlt und nicht sofort abwiegelt. Diesem Menschen sagen Sie krŠftig, was so viel €rger macht. Nehmen Sie keine Rźcksicht! Gebrauchen Sie Kraftausdrźcke, und hauen Sie ein paar ordentliche SŠtze hinaus. Ihr Gegenźber darf sagen: ăJa, genau! Und was sonst noch?Ň.

Wenn es einen Raum und eine Gelegenheit gibt, mal den ganzen €rger hinausposaunen zu dźrfen, kann sich der Wut-Nebel lichten, und Sie gewinnen Klarheit. Vor allem beschimpfen Sie dann nicht die falschen Personen, die gerade in der NŠhe sind. Ihre Kinder, Ihren Mann oder Ihre Frau.

Die Bewertung

Wir bewerten unseren €rger und die Wut oft negativ und verurteilen uns dafźr. Dabei gibt es einen guten Grund, dass diese Gefźhle aufkommen. Sie wollen uns zur VerŠnderung einladen und geben uns die dafźr nštige Energie. Verzichten Sie auf die negative Wertung, und machen Sie sich nicht zusŠtzlich fertig. Einfacher wird es, wenn Sie diese Energie fźr sich nutzen. Was mšchten Sie Šndern? Was kšnnen Sie Šndern? Und was wŠre der erste Schritt?

Die prŠventive Arbeit

Stellen Sie sich vor, dass Sie in angespannten Zeiten wie in einem fahrenden Karussell sitzen. StŠndig werden Sie aufgefordert, die Pferde und Autos zu wechseln. Nie haben Sie Ruhe! WŠhrend Sie das erste Pferd reiten, ruft das zweite, dass es auch mal drankommen mšchte. Im Hintergrund hupt das Auto, weil es Ihr Verhalten total ungerecht findet. Was machen Sie? Sie flitzen hin und her und hoffen, dass Sie irgendwie alle bedienen kšnnen. Und Sie wundern sich, wenn Sie nach einer gewissen Zeit nur noch schreien mšchten? Sie kšnnen nicht abspringen und die Karussellteilnehmer nicht verŠndern. Aussichtslos, oder? Ich verrate Ihnen ein kleines Geheimnis.

Gehen Sie in den Mittelpunkt des Karussells!

Jedes Karussell hat einen Mittelpunkt. In diesem Mittelpunkt dreht sich nichts, und Sie finden absoluten Stillstand. Sie kšnnen dort einen Stuhl hinstellen und sich draufsetzen. Da haben Sie Ihre Ruhe. Sie kšnnten also ab und zu einfach mal in die Mitte gehen und kurz Pause machen. Sie sehen, dass das Karussell weiterfŠhrt, und Sie winken ein wenig allen Herausforderungen zu. Sie sagen, dass Sie gleich wieder einsteigen werden, aber jetzt machen Sie kurz eine Pause. PrŠvention bedeutet: Wenn Sie so viel Verantwortung tragen, dass es manchmal einfach zu viel wird und Sie sowieso nicht alles bedienen kšnnen, dann dźrfen Sie wenigstens fźr einen Moment gut zu sich selber sein. Nicht nur am Ende des Tages, sondern immer wieder mal kurz zwischendurch.

Qualitative Mini-Auszeiten

Dafźr suchen Sie sich im realen Alltag einen Stuhl und setzen sich. Sie schlie§en die Augen und stellen sich vor, dass Sie in der Mitte des Karussells sitzen und unsichtbar werden. Sie atmen tief ein und aus und geben sich die Erlaubnis, im Ausatmen alles loszulassen Đ jede Anspannung im Kšrper. Je šfter Sie das machen, desto weniger gibt es die Vulkansituation, dass Sie schreien mźssen.

Sie brauchen ein offenes Ohr?

Und wenn Sie mal so richtig loslassen wollen und niemanden haben zum lustvollen Zuhšren? Dann rufen Sie Đ wenn Sie Mitarbeiter*in unserer Kundenunternehmen sind Đ unsere Hotline an und sagen deutlich Ihren Wunsch: ăIm Moment brauche ich keinen Rat. Darf ich mal so richtig loslegen, und Sie unterstźtzen mich dabei?Ň. Ich wźnsche Ihnen, dass Sie nicht gebremst werden, sondern dass dort Freiraum entsteht, wo Ihr €rger sich entladen darf.

Matthias Kšnning ist Systemischer Supervisor und Familientherapeut (DGSF), ausgebildeter KonfliktklŠrungshelfer und Fachberater Lebenslagen-Coaching beim pme Familienservice.